Region 13
Bayerischer Wald, Unterbayern, Oberbayern, Chiemgau
Eine Reise am Untersberg
Von Hallein zum Königssee
Maria Mohrenberger
Nachdem Eva und ich im Dezember unsere Ausbildung an der Akademie Hagia bei Heide Göttner-Abendroth abgeschlossen haben und ich das Bedürfnis hatte, meinen Urlaub in meinem eigenen (Schritt)Tempo zu verbringen anstatt in ein Flugzeug zu steigen haben wir Heides Buch über die Alpengöttinnen eingepackt uns sind los spaziert. Bisher haben wir matriarchale Landschaftsmythologie nur in Begleitung von Heide als Lehrveranstaltung erlebt. Eva hat sich bereits im Vorfeld eine Strecke überlegt und die Unterkünfte reserviert.
Ich reise also von Wien nach Hallein und bald nach dem Zusammentreffen machen wir uns auf den Weg.
Donnerstag
Von Hallein an der Salzach geht es über den Knappensteig in Richtung Dürrnberg. Heide beschreibt in ihrem Buch die Bedeutung der Gegend als Siedlungsort in der Jungsteinzeit, die archäologisch gut belegt ist. Bereits nach kurzer Zeit kommen wir zum Eggl-Riedel-Stollen. Hier geht es über eine Stiege hinauf und bald erblicken wir ein ovales Marienbild an der Felswand. Maria ist hier im blauen Mantel abgebildet. Kerzen, Blumen und Rosenkränze sind darunter angebracht. Wir sind noch nicht viel weiter, als es zu regnen beginnt und wir eine kleine Kapelle vor uns entdecken. Wir setzen uns hinein und schauen durch die offene Türe hinaus in den Regen und fühlen uns von oben gesegnet. Auch hier blickt uns Maria in einem blauen Kleid entgegen. Nachdem der Regen nachgelassen hat machen wir uns weiter auf den Weg auf den Dürrnberg. In einem Garten sehen wir ein Marterl mit Maria als Himmelskönigin mit ihrem Kind auf einem Halbmond stehend. Darunter beten 2 Knappen zu ihr. Am Dürrnberg wurden u.a zwei Wohnsiedlungen gefunden.
Am Dürrnberg angekommen eröffnet sich uns ein Blick ins Tal und auf die Barmsteine, die Heide ebenfalls beschreibt und die wir heute noch aufsuchen wollen. Bei unserer Ankunft im Keltendorf am Dürrnberg regnet es erneut und wir schlendern durch das Keltendorf und danach zum Salzstollen. Wir genießen den Ausblick der Aussichtsterrasse, stärken uns ein wenig und ziehen dann weiter Richtung Kirche. Die Kirche ist auf der rechten Seite von einer Felswand umgeben. Wir gehen davon aus, dass das die von Heide beschriebene Hexenwand ist. Ganz sicher sind wir uns aber nicht. Wir können uns aber vorstellen, dass der Platz ohne Kirche sehr geeignet war zum Tanzen und Feiern. In der Kirche ist Maria mit dem Sternenkranz, dem Kind auf dem Arm im blauen Kleid mit goldenem Mantel zu sehen. Sie steht auf dem Mond und hat einen goldenen Apfel in der Hand. Die hohe Lage der Kirche entspricht der dargestellten Himmelssymbolik, die uns auf unserer weiteren Reise immer begleitet. Die Verbindung zwischen Himmel und Unterwelt wird auch durch die Salzstollen in der Gegend deutlich. So gilt ihr Schutz wie bei Frau Holle, deren Name hell, glänzend bedeutet, auch unter Tage, wo das weiße Salz abgebaut wurde.
Auf dem Altar ist ein Schwan abgebildet. Dieser Symbolik muss ich noch nachgehen. Der Schwan taucht in einer weiteren Kirche wieder auf.
Bemerkenswert ist hier auch der von Heide beschriebene Rupertus, der einen wallenden roten Mantel über die darunter knieenden Knappen breitet. Dieser erinnert sehr an typische Schutzmantelmadonnen. Der heilige Rupertus lebte um 700 in Salzburg und verbreitete dort das Christentum. Man bemerke hier auch die Namensähnlichkeit mit Holles/Perchts Begleiter, dem Knecht Ruprecht. Die Knappenfahne ist leider durch die Absperrung zu weit weg, um sie genauer betrachten zu können.
Etwas oberhalb der Kirche befindet sich ein Grenadierwerk. Hier werden Äste gebündelt angebracht. Von oben rinnt Salzwasser darüber hinweg und es entstehen Aerosole, die gut für die Atmung sind. Hier wandelt man einige Runden und atmet die heilende Luft ein. Die von Heide beschriebene Quelle haben wir nicht gesehen. Auch der beschriebene Moserberg, der auf der Knappenfahne abgebildet ist, ist den hier tätigen/lebenden Menschen nicht bekannt. Wir erfahren von einem Hof, der dem Moserbauern gehört.
Wir verlassen den Dürrnberg und gehen weiter Richtung Oberau. Da wir uns aufgrund der fortgeschrittenen Zeit entscheiden, die Barmsteine auszulassen, kehren wir gemütlich beim Kranzbichlhof ein uns gönnen uns Kuchen und Kaffee. Danach geht es weiter über die Wiese durch den Nesselgraben. Dieser Weg führt bergab den Bach entlang und verzaubert uns durch seine märchenhafte Atmosphäre. Die vielen Farne und hohen Bäume, durch die die Abendsonne scheint, machen hier die besondere Stimmung aus. Man hat das Gefühl ganz einfach mit den Elfen, Trollen und Zwergen in Kontakt zu kommen.
Ein grünes Moosherz zeigt uns, dass wir hier richtig sind. Am Ende des Waldes gehen wir an einem alten Mühlhaus vorbei und gehen über Malter in Richtung Oberstein. Hinter dem Gasthaus führt ein Weg hinauf nach Hatzen, wo wir bei Gundula und Franz übernachten. Abends kehren wir zum Gasthaus zurück und lassen uns die Köstlichkeiten von Gundulas Schwägerin schmecken.
Freitag
Wir frühstücken und Franz erzählt uns von seinen weltweiten Wanderreisen. Wir haben uns bei ihm und Gundula sehr wohl gefühlt. Ausgeschlafen und gut gestärkt geht es hinunter zur Almbachklamm. Dabei überqueren wir die Berchtesgadener Ache und gehen an ihrem helltürkisem Wasser entlang bis zur Kugelmühle. Dies ist seit 1683 die letzte Kugelmühle in Deutschland und geht täglich ab 10.30h in Betrieb. Noch heute werden hier Murmeln in vielen Größen hergestellt. Die nette Standlerin erklärt uns dazu Einiges.
Nun geht es in die Almbachklamm, die von der Kneifelspitze und dem Ettenberg umgeben ist. Mit 3km Länge, 218m Höhenunterschied, 28 Stegen, 320 Stufen, einem Tunnel und dem 114m hohen Sulzerwasserfall beeindruckt uns diese Schlucht sehr. Während sie unten (Kugelmühle) relativ schmal mit 2-3m Breite ist, öffnet sie sich in Richtung Theresienklause. Wir machen am Weg einen „Abstecher“ auf den Ettenberg. Dieser Weg ist der beschwerlichste der ganzen Reise. Weiß, rot und schwarze Steine zeigen uns, dass wir am richtigen Weg sind.
Es geht über sehr viele Stufen steil nach oben. Oben belohnen wir uns mit einer Jause und genießen den Ausblick. Wir freuen uns, als wir auf der Rückseite der Kirche unsere Unterkunft der letzten Nacht sehen und uns klar wird, wie viel des Weges wir heute schon geschafft haben.
Maria Ettenberg liegt auf der Landkarte unterhalb der beiden Busenberge (Eckberg und Ochsenberg) der in der Landschaft liegenden Göttin und bildet ihren kleinen Bauch. Die Almbachklamm bildet praktisch ihren Gürtel. Beim Schreiben kommt mir soeben der Gedanke, dass es vielleicht auch die Nabelschnur zum Untersberg sein könnte, der mit seinem Wasser das Gebiet der Göttin nährt. Heide beschreibt, dass Maria Ettenberg nur über Markt Schellenberg erreichbar ist. Möglicherweise wurde der steile Weg mit den Stufen erst in letzter Zeit angelegt.
In der Kirche Maria Ettenberg sehen wir Maria in rot und blau mit einem roten Sternenkranz umgeben. Sie steht auf dem Mond, während sich eine Schlange um die Erde unter ihr windet. Die Schlange und die schwangere Maria (Maria Heimsuchung) spiegeln die rote Göttin wieder, was durch den Ort als Bauch der liegenden Göttin verstärkt wird.
Erst beim Umdrehen sehen wir auf der Orgelempore den Riesen mit dem Jesuskind und einem großen Stock in der Hand. Dieser beeindruckt allein schon durch seine Größe. Heide beschreibt ihn als den Riesen Abfalter, der die Geliebte durch das Wasser trug und der Partner der roten Göttin war. In der christlichen Darstellung trägt er das Jesuskind und gilt als Schutzheiliger für gefährliche Wege und Furten. Der Baumstamm oder die Keule sind Symbole für den grünen/wilden Mann, der zur Fruchtbarkeit der roten Göttin beigetragen hat. Meinen Gedanken mit der Nabelschnur verwerfe ich, da durch die rote Symbolik die Fruchtbarmachung durch das Wasser des Untersberg zum Bauch der Frau mehr Sinn ergibt.
Nach einiger Zeit der Erholung machen wir uns auf den Rückweg zur Klamm. Dort angekommen zittern uns durch die vielen Stufen unsere Knie sehr. Nach einigen Metern durch die Klamm beruhigen sich dieser aber bald und wir treffen bald bei der Theresienklause ein. Gundula hat uns den Tipp gegeben, dass wir hier noch ca. 15min weiter gehen sollen, dann kommen wir zur Marienquelle. Und wenn wir Glück haben könnten wir am Weg auch noch den seltenen Frauenschuh blühen sehen, meinte sie. So geht es weiter uns wie fräuen wir uns, als wir wirklich noch 3 Frauenschuhe sehen! Sie sind zwar fast am Verblühen, motivieren uns aber sehr. Wenig später kommen wir bei der Quelle an. Wir schöpfen aus der Quelle das heilende Wasser und lassen es unsere müden Füße wieder aktivieren. Ganz alleine genießen wir hier die Ruhe und erholsame Stimmung. Wir fühlen uns sehr wohl und singen meditativ während wir uns ganz dem Platz hingeben. Gelb schwarze Schmetterlinge tanzen durch die Luft. Eva baut dann beim Fluss Steinmandln und ich ruhe mich auf einem großen warmen Stein aus. Dass die Quelle gern besucht wird, zeigen uns die frischen Blumen, Briefe und Geschenke an die Göttin hier. Eine Frau kommt vorbei und eine weitere treffen wir am Rückweg, die uns ebenfalls auf den Frauenschuh aufmerksam macht.
Bei der Theresienklause geht es auf der anderen Seite weiter und wir kommen wieder in einem Wald und machen uns auf in Richtung Dürrlehen. Im Wald haben wir einen schönen Blick nach gegenüber auf die Kirche Maria Ettenberg. In Dürrlehen stärken wir uns, genießen den Blick auf die Watzfrau und wandern weiter nach Maria Gern. Die Gern bildet nun den Weg zwischen den beiden Hüfthügeln (Kneifelspitze und Gschirrkof) und „gern“ bedeutet heftig verlangen. Das kann doch kein Zufall sein, dass wir uns hier praktisch im Schoß der Göttin sind.
Die Göttin segnet uns erneut von oben und wir verweilen in der Kirche, in der Maria gerade umgekleidet wurde und nun ein rotes Kleid trägt. Darüber tötet Michael einen Drachen mit Frauenbein. Auch hier finden wir einen goldenen Schwan am Tabernakel. Dass Michael hier Drachen töten muss, erstaunt kaum in einer Kirche, die Maria Gern, also Marias Begehren heißt. Das muss die Kirche bildlich bekämpfen. Der Blick vom Kirchentor geht hinüber zur Watzfrau, die sich wie eine liegende Mondsichel zeigt. In deren Mitte ist die Jungfrau des Watzfrau-Massivs zu sehen, die vermutlich auch von hier aus verehrt wurde. Die Angererkapelle, die das frühere Frauenbründl (neben der Vulva der Göttin) ersetzt, haben wir leider nicht gefunden.
Der Regen läßt uns einen Kaiserschmarrn im benachbarten Gasthaus genießen. Dabei haben wir auf der Terrasse einen tollen Blick auf den Untersberg, der uns nun schon den zweiten Tag begleitet hat und neben seiner Geliebten liegt. Über seiner Spitze naht eine dunkle Wolke und so machen wir uns bald auf den Weg durch eine weitere Klamm (die Vagina der Göttin) zu unserer Unterkunft Etzerfelsen. Die Feuchtigkeit in der von Heide beschriebenen Vagina der Göttin wollten wir eigentlich nur von unten genießen. Die von oben kommende Feuchtigkeit trieb uns dann schnell weiter. Bei der Unterkunft ist die Watzfrau schon sehr nahe, leider wirkt sie durch die grauen Schleier etwas betrübt.
Samstag
Wir wachen auf und die Watzfrau strahlt in ihrer ganzen Pracht. Wolkenloser Himmel und Sonnenschein. Perfekt für unsere Etappe zum Königssee. Ein wenig baden haben wir uns nach 3 Tagen doch verdient. So geht es froh nach Berchtesgaden und wir kommen an der kleinen Hilgerskapelle vorbei. Über dem Eingang befindet sich eine für uns untypische Frauengestalt in weiß. Sehr schlank und mit Rosen im Haar hütet sie den Eingang. Im Inneren begegnen wir ihr erneut. Weiß und zart blickt sie von der Decke herab. Auch am Altarbild ist sie in weiß und gold mit einem blauen Umhang und gold schimmert auch ihr Herz. Die Kapelle dürfte als Dank für ihre Wundertat im Dorf Dorffen errichtet worden sein. Dies interpretieren wir aus dem Altarbild, das Maria wieder auf dem Halbmond zeigt, wie sie als Himmelskönigin über Dorffen schwebt.
Nun kommen wir schnell nach Berchtesgaden und man merkt, dass es wieder etwas weiter wird und nicht mehr so eng ist. Am Weg schauen wir kurz in das Lokal Lockstein 1, das Eva bereits kennt. Es hat leider gerade nicht geöffnet, wir dürfen trotzdem einen Blick in das entzückend eingerichtete Lokal werfen. Auch der liebevoll gestaltete Garten lädt ein, hier länger zu verweilen. Wir möchten aber noch in die Kirchen im Ort und dann bald zum See.
In der Andreas Kirche erinnert uns ein Abbild eines Mannes mit Kind auf den Schultern und dem Stock in der Hand sehr an den Riesen in Ettenberg. Auch am Hochaltar wird Andreas mit einem Stock abgebildet. Hier entdecken wir am rechten Seitenaltar eine Anna Selbdritt und am linken Seitenaltar Maria mit dem Kind. Die Drachentötung wird an diesem Ort gleich drei Mal dargestellt. Einmal tötet ein Augustinermönch den Drachen, einmal der Engel Michael und zu guter Letzt der Ritter Georg.
In der Stiftskirche, die direkt an das Schloss angrenzt, zeigt das Hochaltarbild Marias Aufnahme in den Himmel und ist die älteste Kirche von Berchtesgaden.
Fünf der sechs Madonnen in der Franziskanerkircher weisen auf die Himmelsgöttin. Besonders in der Seitenkapelle ist die dreifache Göttin präsent. Maria wird hier als Mädchen im blauen Ährenkleid, als Schwangere und als Mutter dargestellt.
Früher war im Bauch der schwangeren Maria ein Höhlung und das Kind sichtbar. Die drei Marien spiegeln den Bezug zur Watzfrau, die als die weiße Berggöttin verehrt wurde.
Nach der Besichtigung der Kirchen machen wir uns auf den Weg zum Königssee. Auf den letztern Metern entlang der Königsseer Ache gehen wir in Stille mit unseren Fragen und lassen die letzten Tage Revue passieren und die Eindrücke tief in uns sinken. Nach 5km nimmt das Treiben stark zu und wir finden uns zwischen vielen Touristen und Verkaufsständen wieder. Was für ein Gegensatz zu den Stunden und Tagen davor! Wir schlängeln uns durchs Getümmel und erreichen den See und sind hoch motiviert noch bis zum Malerwinkel zu kommen und dort zu baden. Aufgrund des großen Andrangs beim Malerwinkel gehen wir ein Stück weiter und finden einen guten Platz und Einstieg in den See. Hier teilen wir unser Stilleerlebnis und hüpfen ins erfrischend Wasser. Der See ist links und rechts vom Hagengebirge und der Watzfrau eingefasst. Gegenüber beginnt das steinerne Meer und die Schönfeldspitze ragt gut sichtbar daraus hervor.
Nach dem ausgiebigen Wasser- und Sonnenbad kehren wir um, gönnen uns ein Eis und fahren per Autostop zurück nach Berchtesgaden. Von dort geht es mit dem Zug nach Bischofshofen. Im Zug fahren wir um alle Berge, die wir in den letzten 3 Tagen von der anderen Seite durchwandert sind und uns wird klar, in was für einer schnelllebigen Zeit wir leben. In einer Stunde sind wir um alles herum gefahren und in Bischofshofen angekommen.
Maria Mohrenberger