Wie ich einmal frau holle am wege traf
In der nähe von tauberbischofsheim gibt es einen kleinen ort mit dem namen königheim. Dort befindet sich der eingang zu einem wunderschönen tal, die haiger , begrenzt von kalksteinhängen, die die sommerwärme speichern und so eine mediterrane fauna und flora erschaffen. Im frühjahr schmückt sich der haigergrund über und über mit orchideen. Mit den kapellen am eingang und am ende scheint dieses tal christianisiert worden zu sein.Ganz in der nähe, am ortseingang, steht seit alters her ein sogenannter sühnestein.
Von diesen steinen wird überliefert, dass es einen mord gegeben hat, oder eine hinrichtung oder es um einen streit um ein mädchen ging. Zum ausgleich dafür mußte die sippe einen stein stiften.
Doch zu diesem stein konnte mir kein mensch auskunft geben (auch der örtliche heimatverein nicht).
Jedes mal, wenn ich vorbei ging sah ich auf dem stein ein verwittertes bild, aber genau erkennen konnte ich es nicht. Einige personen, die ich ansprach, meinten es wäre ein speerträger, vielleicht in erinnerung der alten mordgeschichten, die diesen steinen anhaften. Doch ich sah immer einen busen, und so nahm ich mir eines tages vor, der sache auf den grund zugehen.
Ich kaufte seidenpaper, einen weichen graffitistift und klebstreifen. Nachdem ich den stein mit dem seidenpapier beklebt hatte, fuhr ich vorsichtig über die gravur und dann sah ich sie! Dort stand frau holle in ihrer form als schicksalsfrau. In der linken hand hielt sie an langem stab den spinnrocken und der faden lief zu ihrer rechten hand, in der sie den spinnwirtel trug.
Und während ich noch ergriffen von ihrem bildnis, das abgepauste werk vorsichtig verstaute, erschien sie mir leibhaftig. In ihren drei heiligen farben, schwarz, weiß und rot, erkannte ich sie sofort. Sie ließ sich ausgiebig von mir streicheln, sprang auf ihren stein und liebkoste ihn mit dem kopf.
Ich war verzaubert, ein kleiner moment der erleuchtung und dann konnte ich sogar noch ein foto machen!!
Claudia Lodders