Je öfter ich das Donautal
bereise, desto mehr gefallen mir die kleinen, in lauschigen Ecken versteckten
Plätze der Göttin, die in so gut wie jeder Flussbiegung und auf jedem Felsen
der Umgebung zu finden sind. Nachfolgend möchte ich einige davon beschreiben.
Ich bin mir sicher, dass ich noch lange nicht alle gefunden habe.
Nach der Wolga ist die Donau der zweitgrößte Strom Europas. Auf einer Länge von 8.250km durchfließt sie acht Staaten, bevor sie ins Schwarze Meer mündet. 647km davon liegen auf deutschem Gebiet.
Im Französischen und Englischen trägt die Donau noch heute den Namen "danube". Diese alte Bezeichnung zeigt deutlich, dass die Donau der Fluss der Göttin Dana ist. Die "Große Mutter" wurde früher in ganz Europa verehrt. Als "Ana" oder "Anna" war sie zudem weit
über die europäischen Grenzen hinaus bekannt. Dem Vorderen Orient ist sie weiterhin als Urgöttin bekannt. Auf Kreta wurde sie als Danae verehrt und war die Verkörperung der Insel. In Irland galt sie gar als die Göttin des ganzen Landes. Ihr Volk nannte sich "Tuatha Dé Danann". Schon in der Namensgebung des Flusses zeigt sich, wie wichtig die Donau für die Menschen seit der Jungsteinzeit ist.
Die Donau entsteht aus den Quellflüssen Brigach und Breg. Bei der 43km langen Brigach handelt es sich um den linken Quellfluss der Donau. „Brigach“ kommt aus dem Keltischen und bedeutet "helles Wasser". Die Breg ist mit 46km der etwas längere rechte Quellfluss. Sie gilt somit als der eigentliche Quellfluss der Donau, da bei einem Fluss die mündungsfernste Quelle als dessen Ursprung betrachtet wird.
Östlich von Donaueschingen, am sogenannten Donau-Ursprung, treffen sich die beiden Flüsse und vereinen sich zur Donau. Ein schöner Merkspruch bringt dies auf den Punkt: „Brigach und Breg bringen die Donau zuweg.“
Mit einer Fräundin besuche ich diese beiden Donauquellen und nehme mir vor, in beiden Quellen zu baden. Dabei muss ich an Frau Venus und ihr Bad im Heiligen Wasser denken. Ich fräue mich schon sehr auf das ausgelassene Badevergnügen.
Die Brigachquelle
Beim Hirzbauernhof, in der Nähe von St. Georgen, sprudelt das Wasser der jungen Brigach aus einem Quellstein
heraus, der mit rötlichen Tieren und Frauenfiguren verziert ist. Über eine
breite Rinne plätschert das kühle Nass in einen beinahe runden Teich voller grüner Wasserpflanzen.
Es heißt, dass sich die eigentliche Quelle der Brigach im Keller des Bauernhofes befinde, was allerdings nur teilweise stimmt. Das Wasser der Brigach kommt aus den Bergen hinter dem Bauernhof und fließt unter dem Haus durch. Früher gab es dort im Keller einen Brunnen. Dieser wurde später verschlossen und nach außen verlegt, so dass das Wasser nun wieder auf direktem Weg durch den Quellstein in den Quellweiher fließt.
Der Teich im Garten des Hirzbauernhofes ist frei zugänglich. Das Wasser in ihm ist ausgesprochen klar. Als
wir genau hinschauen, entdecken wir direkt unterhalb des Wasserspiegels einige braune wanzenartige
Käfer, die mit den Füßen nach oben schwimmen. Zuerst halte ich es für
ein Versehen, aber dann bemerken wir, dass alle Käfer es so machen. Meinen Plan, in beiden Donauquellen zu baden, verwerfe ich augenblicklich.
Diese Tierchen sind mir nicht geheuer. Später recherchiere ich im Internet, dass dieser Käfer passenderweise den Namen "Rückenschwimmer"
trägt.
Auf dem Stein am Quellteich sind drei Köpfe abgebildet. Bei der in der Mitte dargestellten Figur handelt es sich um Abnoba. Sie ist die Göttin des Schwarzwaldes und zuständig für den Schutz der Wege und Straßenkreuzungen, sowie für den Wald und die Jagd. Der Kopf neben dem Hirsch ist Cernunnos. Die rechte Göttinnenfigur wird als Astarte, auch Aphrodite oder Venus beschrieben. Außer dem Hirsch, der von links nach rechts läuft, ist ein Hase abgebildet, der sich nach links wendet. Über der Szenerie fliegt eine Taube.
Das Quellheiligtum an der Brigachquelle ist urkundlich seit der gallo-römischen Zeit belegt. Sehr wahrscheinlich ist es sogar noch älter. Die Verehrung der Göttin an Quellen und das Darbringen von Gaben ist schon seit dem Beginn der Menschheitsgeschichte verbreitet. Das Original des Brigach-Reliefs wird im St. Georgener Heimatmuseum aufbewahrt. In die Quellfassung ist eine Kopie eingemauert.
Die Bregquelle
Als wir an der Bregquelle in der Nähe von Furtwangen ankommen, springt der Hund einer Besucherin gerade
fröhlich im Wasser herum. Die Quelle ist mit großen
Steinen gesäumt und charmant angelegt: Das Wasser tritt unter einem menhirförmigen
Stein zu Tage. Zuerst plätschert es gemütlich zwischen einigen Felsbrocken
hindurch, stürzt am Ende des Beckens ungefähr einen Meter in die Tiefe und erreicht dort sein junges Bachbett. Wir folgen dem noch schmalen Flüsschen in einer feuchten Wiese und erfräuen uns am Murmeln des Wassers. Dann jedoch versperrt uns ein Zaun den Weg und wir müssen zurück zur Straße.
Durch einen Hinweis auf einer Schautafel werden wir auf die Kapelle am Hügel gegenüber aufmerksam. Vor dem kleinen Kirchlein finden wir einen
Stein mit der Aufschrift: "Quellheiligtum Martinskapelle". Bei einer
früheren Grabung wurde hier ein Becken freigelegt. Es handelt sich um ein ur-altes
Quellheiligtum, eine Hinterlassenschaft aus der Zeit der Kelten, aus der sogenannten La-Tène-Zeit, d.h., es ist um die 2.500 Jahre alt.
In einem Kreisbogen um die Kirche herum sind weitere kleine Findlinge verteilt. Wir folgen ihnen in das kleine Wäldchen hinter der Kapelle. In dem lichten sonnendurchfluteten Wald wachsen viele außergewöhnlich geformte Bäume, die wie Wächterinnen auf Stelzen wirken.
Zwischen den Bäumen liegen mehrere glatte weiße rundliche Steine, die
teilweise mit Moos bewachsen sind. Wir gehen von einem Stein zum anderen, um die
verschiedenen Formen genau zu betrachten. Schließlich lassen wir uns auf ihnen nieder und genießen die magische Atmosphäre dieses Ortes. Fast können
wir die weißen Feen auf der Wiese herumspringen sehen. Uns fällt auf, dass diese
Steine einen weiteren Halbkreis bilden. Das Kirchlein wird
also von zwei Steinkreisen umschlossen, die heute nur noch teilweise erhalten sind. Oder sie wurde nachträglich in einen alten, schon vorhandenen Steinkreis integriert.
Donaubach
Genau genommen zählt auch der Donaubach zu den Quellflüssen der Donau. Er entspringt an einer Ecke des Schlosses im Fürstlich-Fürstenbergischen Park in Donaueschingen. Das Wasser wird von einer kreisrunden kunstvoll gestalteten Anlage gefasst. Schon nach 100 Metern mündet der Donaubach unterirdisch in die Brigach.
Der Donau-Ursprung
Der Fürstlich-Fürstenbergische Park in Donaueschingen wird von beiden Quellflüssen umschlossen, im Norden von der Brigach, im Süden von der Breg. Am östlichen Ende der Parkanlage, etwas außerhalb von Donaueschingen, vereinen sie sich zur Donau. Dieser malerische Ort ist der sogenannte Donau-Ursprung. Diese Postkarten-Idylle wird nur von der 50 Meter dahinterliegenden Brücke. wo die Bundesstraße über die noch junge Donau führt, ein wenig gestört. Es ist immer ein gewisser Geräuschpegel vorhanden.
Am Zusammenfluss hat sich eine kleine Halbinsel gebildet. Ein Pärchen sitzt am Fuß des dort aufgestellten Denkmals und vergnügt sich scherzend miteinander. Von hier aus gibt es leider keinen Zugang auf die spitz zulaufende Landzunge. Die beiden sind offenbar bereits ein Stück vorher abgebogen, um dort hinzugelangen.
Auf dem breiten Sockel des Denkmals erkenne ich eine Frau und ein Mädchen. Beide haben eine Hand aufgestützt und liegen auf der Seite. Es handelt sich um Mutter Baar*, die über die junge Donau wacht. Die junge Donau liegt als Kind im Schoße der Baar. Sie hält mit der linken Hand eine Amphore fest, aus der Wasser herausfließt.
Die Landschaftsmythologie wird hier einmal bildlich festgehalten. Mutter-Tochter-Darstellungen sind ja bei uns nicht wirklich gebräuchlich, obwohl das Leben durch die Frauen weitergegeben wird, von der Mutter zur Tochter und immer so weiter. Eine ununterbrochene Linie von Frau zu Frau. Den lebenden Matriarchaten ist dies noch heute bewusst. In unserer Kultur ist diese Tatsache nicht immer gegenwärtig. Es fräut mich, dass sie hier einmal anschaulich dargestellt wird.
* Baar nennt sich die Hochebene zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb.
Die Grasmutter
Auf ihren ersten Kilometern passiert die junge Donau die Dörfer Geisingen, Immendingen und Möhringen und fließt schließlich in die nächstgrößere Stadt Tuttlingen. Dort fällt mir beim Betrachten einer Landkarte der Name des Naturschutzgebietes auf: Es trägt den Namen Grasmutter und befindet sich nur wenige Kilometer nördlich von Tuttlingen.
Dem Schild am Parkplatz entnehme ich, dass an dem 15km langen Rundwanderweg durch die Grasmutter eine ehemalige Wallenburg und ein Kraftstein liegen. Der Ort, an dem ich übernachten werde, ist ebenfalls eingezeichnet. Er trägt den malerischen Namen Risiberg. Risi ist der Dialektbegriff für eine Rutsche, auf der die im Wald geschlagenen Holzstämme ins Tal gebracht werden. Auf der Schwäbischen Alb gibt es Sagen vom Risi-Weible, einer alten Frau, die erscheint und den Holzfällern böse Streiche spielt. Frauen, die in Not geraten sind, hilft sie dagegen. Das klingt nach einer spannenden Wanderung im Garten der Risi.
Durch jahrhundertelange Schafbeweidung hat sich auf dem zirka 10 Hektar großen Gebiet der Grasmutter eine beträchtliche biologische Vielfalt mit vielen seltenen und geschützten Arten ausgebildet. Der Weg durch die Grasmutter führt mich längere Zeit an einer Magergraswiese entlang. Sie ist gesäumt von Nadelbäumen und Wachholderbüschen. Frau Risi hat es sich dort schön eingerichtet. Gleich darauf tauche ich in ihren Wald ein, in dem sich die beschriebenen Kraftplätze befinden sollen.
Ich folge einem Holzschild "Waldlehrpfad zur Wallenburg, steige einen kleinen Hang hinunter und wieder hinauf und erreiche den länglichen Felsvorsprung, auf dem die ehemalige Wallenburg gestanden haben soll. Es klingt für mich wahrscheinlicher, dass hier ein alter Kultplatz der lokalen Bevölkerung mit einem kleineren Bauwerk überbaut wurde. Damit sollten die Menschen vermutlich davon abgehalten werden, dort weiterhin Rituale abzuhalten. Solche Gebäude haben sich jedoch meist nicht sehr lange erhalten. Sie wurden recht schnell von der Bevölkerung wieder abgetragen. Die Steine fanden dann in den Ortschaften für den Bau der Häuser Verwendung. Auf dem Felsen sind heute keinerlei Spuren eines gemauerten Gebäudes mehr zu entdecken.
Zum Abschluss meiner Wanderung besuche ich den Kraftstein. Ich hatte einen alten geheimnisvollen Stein oder einen Bergsporn erwartet. Er entpuppt sich allerdings als die Ruine einer Burg, deren Reste noch recht gut erhalten sind. Der Ausblick auf das dahinterliegende Ursental und die wacholderbewachsenen Hänge ist atemberaubend schön.
In der Umgebung des Kraftsteins an der Hangkante gibt es viele kleine Höhlen zu entdecken. Es macht einen riesen Spaß, am Berg herumzukrabbeln und sie zu suchen. Insgesamt sollen es zehn an der Zahl sein sein. Während meiner Erkundung habe ich drei von ihnen gefunden.
Am nördlichen Ende der Grasmutter komme ich schließlich im kleinen Weiler Risiberg an, der aus ein paar wenigen Häusern und dem Landgasthof Waldeck besteht. Hier bleibe ich für eine Nacht. Als ich abends das Licht lösche und ins Bett gehe, bin ich überrascht, wie ruhig und dunkel es hier ist. Welche Wohltat im Vergleich zu der immerwährenden Geräuschkulisse einer Großstadt und deren permanenter Beleuchtung.
Donauversickerung
Zwischen Immendingen und Möhringen kommen wir zur Donauversickerung. Trotz des Namens überrascht es mich, dass die Donau gerade kein Wasser führt. Wir finden nur ein Flussbett aus hellen, trockenen Steinen vor und nutzen die Gelegenheit, auf den Kiesbänken und den teilweise mit Gras bewachsenen Flächen des Flussbettes zu laufen und die Donaulandschaft links und rechts zu entdecken.
Wenn die Donau Wasser führt, sind die Versinkungsstellen oft als Strudel erkennbar. Im Sommer und Herbst versickert das Wasser hingegen einfach in dem porösen Kalkgestein der Gegend. Forschungen haben ergeben, dass es 60 Kilometer weiter im Aachtopf, der größten Quelle Deutschlands, wieder zu Tage tritt.
Die Donauversickerung ist gleichzeitig eine der Wasserscheiden dieser Region. Wenn das Wasser im Bett der Donau weiter fließt, gelangt es zum Schwarzen Meer, zweigt das Wasser zum Aachtopf ab, fließt es von dort aus der Nordsee zu.
Schmeietal + Zigeunerfels
Ein paar Kilometer weiter flussabwärts bietet sich das
liebliche Schmeietal in der Nähe von Unter- und Oberschmeien für eine Wanderung
an. Auf der von Wiesen und Wald gesäumten schmalen Straße fahren nur wenige Autos.
Ein Abstecher aus dem Tal führt zum Zigeunerfels, der über einen
kleinen Feldweg auf der rechten Seite schnell erreicht werden kann. Die Funde in dieser kleinen Höhle reichen von der jüngeren Altsteinzeit bis in die Mittelsteinzeit. Auf 11 Fundhorizonten wurden Steingeräte und Werkzeuge ausgegraben, die bis zu 11.500 alt sind. Sie lieferten Erkenntnisse über die Besiedelung der Gegend, sowie die damals dort ansässigen Tierarten.
Als ich dort ankomme, sitzt ein Mann auf einer der beiden Bänke, die direkt in die Höhlung des Felsens gebaut wurden. Ich klettere seitlich am Felsen hinauf und hangele mich an einigen Baumwurzeln hoch. Nachdem ich mehrere Sträucher hinter mir gelassen habe, setze ich mich auf die Spitze der kleinen Erhebung. Obwohl der Zigeunerfelsen relativ nahe am Waldweg und auch an der Straße liegt, umgibt mich hier oben eine wohlige Stille. Ein idealer Platz, um ein wenig auszuruhen und aufzutanken.
Als ich wieder heruntersteige, bin ich alleine am Zigeunerfelsen. Der Mann hat
schon vor längerer Zeit seinen Motorroller gestartet und ist davon gefahren. Jetzt kann ich mir die Höhle mit ihren teilweise geschwärzten Wänden genauer anschauen. Ich gehe davon aus, dass die schwarzen Spuren aus der neueren Zeit stammen. Es sieht aus, als ob Besucher im hinteren Teil der Höhle Feuer gemacht haben.
Es empfiehlt sich, noch ein Stück weiter Richtung Oberschmeien zu wandern, da sich dort weitere schöne Felsen befinden. Einer davon trägt den interessanten Namen Bananenfelsen.
Wallfahrtskirche Maria Hilf
An einem neblig-kühlen Morgen steige ich von Mühlheim einen steilen Waldweg hinauf zur Wallfahrtskirche Maria Hilf. Cornelia Rothenburg, die in Mühlheim lebt, hat mir empfohlen, diesen magischen Platz ungedingt anzuschauen. Ich bin mir nicht sicher, was ich an einem mit einer Wallfahrtskirche überbauten Platz zu erwarten habe. Im Moment ist es im Wald noch recht kühl, so dass ich mich beeile, den Hang hinaufzusteigen.
Ich erreiche den hoch aufragenden Felsen "Glitziges Kreuz", der eine wunderschöne Aussicht ins Donautal bietet. Unten im Tal erkenne ich eine Kirche. Auf dem Berg gegenüber steht eine weitere. Die Sichtachse von diesem Berg zum gegenüberliegenden Berg wurde mit drei Kirchen überbaut. Nun bin ich mir sicher, dass ich auf dem Weg zu einem alten Kraftplatz unserer Vorfahrinnen bin.
Die Sonne kommt langsam aus dem Nebel hervor. Das Kreuz, das die Kirche aufgestellt hat, beginnt im Sonnenlicht zu schimmern. Es ist an seiner Außenseite mit einem glänzenden Metall überzogen.
Ich recherchiere, dass das "Glitziges Kreuz" auch "Glasiges Kreuz" genannt wird. Das ist sicherlich eine Ableitung von Glasberg. Das Kreuz kam ja erst mit der Verchristlichung des Platzes hinzu.
Glasberge sind Berge der Anderswelt. Sie werden als Sitz der Seelen von Verstorbenen angesehen. Ein Glasberg sei viel zu glatt, als dass irgendeine auch nur einen Meter hinaufkommen könne. Oft seien an diesen Bergen Prüfungen zu bestehen. Die Heldin müsse Opfer bringen, um den Schatz im Berg oder auf dem Berg zu finden.
Der Felsen am "Glitzigen Kreuz" macht auf mich den Eindruck eines Andersweltplatzes. Ich bin gespannt, wie er in Beziehung zur Wallfahrtskirche steht, in deren Nähe sich mehrere Hügelgräber befinden sollen. Bin ich hier an einem Ort der schwarzen Göttin?
Nach knapp einen Kilometer kommt die
Ruine der Wallfahrtskirche Maria Hilf in Sicht. Ausgangspunkt für die Wallfahrten soll ein Marienbild gewesen sein. Der Mühlheimer Pfarrer Georg Walter ließ es 1649 an einer Eiche anbringen. Ich vermute, dass sich der Platz schon von Alters her großer Beliebtheit erfräute: Da die nach Macht strebenden Christen die Menschen nicht davon abhalten konnten, diesen kraftvollen Ort im Wald aufzusuchen, wurde hier ein Marienbild aufgehängt. Und als der Ort durch diese Maßnahme auch für Christen populär wurde, hat man die Wallfahrtskirche errichtet.
Ein kleines Kapellchen mit einem gut renovierten und gestrichenen Turm wurde an die Ruine angebaut. In einer vergitterten Nische finde ich eine
Mariendarstellung.
Maria trägt ein rotes Kleid und einen blauen Umhang. Die Innenseite des Mantels ist golden. Das erinnert mich stark an die alten matriarchalen Farben weiß - rot - schwarz.
Sowohl Maria als auch das Kind haben den Blick nach vorn gerichtet. Diese Haltung ist vor allem bei der Schwarzen Madonna gebräuchlich. Maria steht auf der Erdkugel und mit ihrem rechten Fuß auf einem Halbmond. Um die Erde windet sich das alte Drachin-Symbol: die Schlange. Die Bezüge zur alten Symbolik der Erd- und Himmelsgöttin wurden entweder unbewusst erhalten oder sogar bewusst übernommen. Das Übernehmen alter Symbole war und ist ein gutes Mittel, um die lokale Bevölkerung schneller vom christlichen Glauben zu überzeugen. Die Menschen folgen Neuem eher, wenn sie sich in Teilen darin wiederfinden.
Durch einen der seitlichen Eingänge trete ich in die Ruine
ein. In den Fenstern ist kein Glas mehr. Die gemauerten Fensterrahmen sind
tadellos erhalten. Anhand der Mauerreste kann ich mir gut vorstellen, wie es hier
früher ausgesehen hat. Auch wenn es sich nur um eine Ruine
handelt, ist diese Wallfahrtskirche sehr imposant. Interessanterweise befindet sich der Altar nicht im Osten. Die Kirche ist in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet.
Der Kircheninnenraum hat eine ruhige und heitere Ausstrahlung. Ich fühle mich sehr wohl und bin verwundert. An einem Andersweltplatz hätte ich keine solche Leichtigkeit und Fröhlichkeit erwartet.
Im Wald um die Ruine herum fallen mir mehrere
Erhebungen auf, die mit Bäumen bewachsen sind. Dies müssen die beschriebenen Hügelgräber sein. Ich schaue mich kurz um, möchte aber die dort Begrabenen nicht allzu lange stören.
Hinter der Kirchenruine führt ein steiler Pfad wieder nach unten. Er ist als direkter Abstieg nach Mühlheim ausgeschildert. Umso überraschter bin ich, als der Weg nicht direkt im Ort herauskommt sondern in einem Tal. Ein Schild weist auf den Ostertalbrunnen hin. Dieses Tal ist also nach der Frühlingsgöttin Ostara benannt. Ich fülle meine Flasche mit "Ostara-Wasser".
Beim Weitergehen fällt mir ein kleines Kirchlein auf. Diese sogenannte Sebastianskapelle steht in der Straße „Alte Steig“. Auch hier hat es sich die Kirche nicht nehmen lassen, den Eingang zum Tal der Göttin mit ihren eigenen Symbolen zu besetzen.
Am Abend erzählt mir Cornelia von den Sagen über das weiße Fräulein, welches frau von Zeit zu Zeit auf dem Kirchenvorplatz tanzen sehen kann. Genau dort wurde das erste Marienbild aufgehängt.
Der Rockenbusch
Zwischen Friedingen und Beuron, auf der Höhe von Buchheim, liegt rechts der
Donau der Rockenbusch. In einigen alten Karten und Büchern ist er auch
als Roggenbusch eingetragen.
Auf dem bewaldeten Bergvorsprung mit einer steil abfallenden vorspringenden Felsnase wurden bei Ausgrabungen unzählige Gefäßreste und Brandspuren gefunden. Es wird von einer kultischen Nutzung als Brandopferplatz ausgegangen. Die Trennung zwischen dem Bergmassiv und dem Tal wurde künstlich von Menschenhand geschaffen, um die Felsnase freizustellen.
Früher, als die Hänge der Berge links und rechts der Donau noch nicht bewaldet waren, hatte frau von hier oben einen phantastischen Ausblick ins Donautal. Der Rockenbusch liegt oberhalb einer Donauschlaufe, in der sich das Wasser wie in einem Badebecken staut, bevor es in die andere Richtung weiterfließt.
Am "Eingang" zum Plateau komme ich an einer Art Altar vorbei, einem
gespaltenen Felsen unter einem gespaltenen Baum. Der Wächterinnenstein
heißt mich willkommen und ich darf eintreten. Gespaltene Bäume sind oft auf Energielinien zu finden. Das gesamte Plateau des Rockenbuschs ist mit auffällig
geformten Bäumen bewachsen. Dies verleiht
dem Platz eine magische Atmosphäre und lädt zum Verweilen ein. Beim Herumgehen
finde ich am Rand ein Jahresrad mit acht Speichen. Besucherinnen haben
es aus hellen Steinen gelegt. Es sieht so aus, als ob eine Gruppe hier die Jahreskreisfeste feiert. An einem Baum hängen mit roten Fäden hineingeknüpfte Gegenstände.
Ich habe gelesen, dass einige Mauerreste der ehemaligen
Burg Rockenbusch heute noch zu sehen sein sollen. Obwohl ich mich gründlich
umschaue, kann ich nichts Derartiges entdecken. Was zu sehen ist, sind Stufen,
die an der Nordseite in den Fels geschlagen wurden, um ihn vom Bergmassiv abzutrennen.
Auch auf dieser Seite zieren Bäume und Büsche mit einer besonderen Form den
steil abfallenden Felsen. Dort kann ich den Blick vom unbewaldeten Felsen auf die Donauschlaufe zumindest erahnen.
Gutenstein
Nördlich der Bundesstraße, nahe des Dorfes Gutenstein, erhebt sich der
Brechfelsen. Im Zuge der Christianisierung erhielt er den Namen Kreuzfelsen.
Ich parke in Gutenstein, überquere die Brücke über die Donau und folge dem
Wegweiser zum Kreuzfelsen. Je höher ich hinaufsteige, desto besser wird die
Aussicht. Der Wald am Weg lichtet sich immer wieder und eröffnet am nächsten
Felsvorsprung einen noch besseren Blick auf das Donautal. In der einen Richtung
kann ich fast bis nach Thiergarten schauen, in der anderen Richtung reicht der
Blick bis nach Sigmaringen.
Teufelslochfelsen
Auf der anderen Seite des Tals, liegt ein paar hundert Meter
weiter der Teufelslochfelsen, der über einen gleichmäßig ansteigenden Pfad
erreicht werden kann. Mir scheint, dass er der Gegenpart zum Kreuzfelsen ist.
Der letztgenannte wurde christianisiert und damit zum „erlaubten“ Platz gemacht,
während der Teufelslochfelsen sprachlich „verteufelt“ wurde. Damit war es der
lokalen Bevölkerung nicht mehr ohne weiteres möglich, diesen alten Kultfelsen aufzusuchen.
Zumindest nicht, wenn sie keine Schwierigkeiten mit den ortsansässigen
Autoritäten heraufbeschwören wollten.
Unterhalb des Teufelslochfelsen befinden sich zwei Höhlen. An Hand von Funden wurde festgestellt, dass die Gegend um die Höhlen schon seit der Steinzeit besiedelt war. Sowohl die Tropfsteinhöhle, als auch die andere Höhle wurden von den damaligen Bewohnerinnen der Umgebung sicherlich als Kulthöhlen genutzt. Heute sind beide verriegelt und nicht zugänglich. Das Donautal scheint zu allen Zeiten ein beliebter Wohnort gewesen zu sein. Das Klima war dort sicherlich milder als in den rauen Gebirgslagen der Schwäbischen Alb.
Vom Teufelslochfelsen fällt mein Blick im Tal auf einen bewaldeten Hügel, der inmitten einer Donauschleife liegt. Der Fluss verzweigt sich und fließt auf beiden Seiten des kleinen Berges vorbei. In früheren Zeiten dürfte der Wasserstand höher und die Donau daher um einiges breiter gewesen sein. Ich stelle mir vor, dass damals wahrscheinlich nur der bewaldete Teil wie eine Insel aus dem Wasser herausgeschaut hat.
Ruine Dietfurt
Schon vom Teufelsfelsen aus ist die Ruine Dietfurt mit ihrer
exponierten, einzigartigen Lage zu erkennen. Sie schmiegt sich an einen hoch
aufragenden Felsen, der von der Donau umspült wird und zu den auffälligsten im ganzen oberen Donautal zählt.
Ein wenig wirkt die Burgruine darauf wie ein Fremdkörper.
Im Felsen unter der Burg Dietfurt liegt die Burghöhle Dietfurt. Sie zählt zu den wichtigsten Fundstätten für das Paläolithikum und Mesolithikum in Süddeutschland. Bei Ausgrabungen wurden in 16 Kulturschichten die Reste von deponierten Speise- und Trankopfern gefunden, die seit der Steinzeit dort "lagern".
Zu allen Zeiten war den Menschen bekannt, dass die Höhle eine stark positive energetische Wirkung hat. Im 11. Jh. sicherten sich die Besitzer die exklusiven Nutzungsrechte an der Höhle durch die Überbauung des Felsens mit einer Burg.
In den 1920er-Jahren erwarben die Neutempler die
Burgruine und das Gelände drumherum. Die offizielle Erklärung hierzu lautet,
dass die Neutempler einen repräsentativen Ort im Donautal suchten, um dort
ansässig zu werden. Offenbar hatte es sich auch bis zu ihnen
herumgesprochen, welche Kräfte dieser Höhle zugeschrieben werden. Die Neutempler haben die Haupthalle der Höhle mit einem Kronleuchter und einem Altar ausgestattet. Sie sollen dort die verschiedensten geheimbündlerischen Rituale und Messen
gefeiert haben. Die Neutempler gelten als Wegbereiter der Nazi-Ideologie. Sie hatten sowohl eine antisemitische als auch eine antifeministische Grundhaltung.
Am Fuße des Felsens errichteten die Ordenspriester der Neutempler eine einfache Holzhütte, die ihnen als Unterkunft diente. Die einzelnen Zellen der Mönche waren winzig. Heute ist die gesamte Anlage im Besitz der Bergwacht. In der Hütte wurde jede zweite Wand entfernt, um einigermaßen große Räume zu erhalten.
An einigen Sonntagen im Jahr kann die Höhle besichtigt werden. Ich muss drei Stunden mit dem Zug anreisen und hoffe, dass es sich lohnt, diese besondere Höhle anzuschauen. Der Führer der Bergwacht holt mich am Bahnhof in Sigmaringen ab, da sonntags kein Bus nach Dietfurt fährt.
Die Gruppe, mit der ich die Höhle besichtigen soll, ist noch nicht da, weil sich einer der Wanderer unterwegs den Fuß verstaucht hat. Ich darf mit einem der Bergwachtkollegen schon einmal in die Höhle gehen.
Nach zwei Biegungen des schmalen steilen Pfades gelangen wir zu einer Art Terrasse. Die Höhle besteht aus drei Kammern. Die jüngste ist erst durch das nachträgliche Einziehen einer Wand mit einer Tür und zwei bogenförmigen Fenstern entstanden. Diese Tür ist immer verschlossen.Wir passieren einen schmalen Durchgang, welcher einmal der eigentliche Zugang zur Höhle war. Ich fräue mich sehr darüber, dass ich eine dermaßen exklusive Führung bekomme. Wir sind ganz allein und ungestört in dem zentralen Kultraum der Höhle. Der gebärmutterartige Höhlenraum hat eine kreisrunde Mitte. Etwas abseits davon, aber noch innerhalb des Kreises, befindet sich ein Altar. Ich erfahre, dass dieser halb zerschlagen in einer Ecke gefunden und an seinem ursprünglichen Ort wieder aufgestellt wurde. Von der Decke hängt ein ausladender Kronleuchter mit sechs weißen Kerzen. Er wurde anhand alter Fotos nachgebildet, da der ursprüngliche Leuchter gestohlen wurde.
In diesem Raum haben die Neutempler lange Zeit ihre "Gralsfeiern" veranstaltet. Ich versuche, die Energien der Kammer zu erspüren und stelle verwundert fest, dass sie sehr jung und fröhlich sind. Ich kann kein „Schaudern“ spüren. Die Rituale der Neutempler scheinen keinen langfristigen Schaden an diesem Kraftort hinterlassen zu haben.
Die dritte Höhlenkammer liegt tiefer als der Kultraum. Ganz früher soll die Höhle an diesem Ende offen gewesen sein. Mit etwas Anstrengung war es lange Zeit möglich, dort in die Höhle einzusteigen. Da immer wieder Höhleninventar, wie z.B. der Altar, beschädigt wurde, musste diese Seite verschlossen werden. In die Mauer sind Rohre eingelassen, die den hier überwinternden Fledermäusen als Eingangslöcher dienen.
Forschungen haben ergeben, dass die Priester der
Neutempler sich in dem unteren Höhlenraum umgezogen haben und dann in einer
Prozession nach oben in den Kultraum eingezogen sind. Die Priester bewegten sich vermutlich von Westen nach Osten auf den Altar zu. Andersherum wäre dies kaum möglich gewesen, da der Gang von dorther so eng ist, dass die
Priester beim Einzug ihre Montur verschmutzt hätten.
Der Turm der früheren Burg wurde vor ein paar Jahren in
seinem Originalzustand wiederaufgebaut. Der Mann von der Bergwacht schließt das Absperrgitter für mich auf. Er begleitet mich im Inneren des Turms zwei Stockwerke
nach oben und gibt mir ein paar Hinweise, wie ich die letzte Leiter
am besten erklimme, ohne mir den Kopf zu stoßen. Dann lässt er mich allein. Er meint,
dass ich vielleicht in aller Ruhe oben meditieren wolle. So hätte ich meine
Ruhe und er müsse nicht auf mich warten.
Ich genieße es, dort oben die
einzige Person weit und breit zu sein. Von hier aus kann ich in beide
Richtungen weit ins Donautal blicken. Die Sonne steht hoch am Himmel. Kein
Wölkchen ist zur Mittagszeit zu sehen. Das heißt aber auch, dass es auf dem
Plateau des schattenlosen Turms mittlerweile sehr heiß ist. Allzu lange kann
ich daher nicht hier oben bleiben.
Über die Ruine Dietfurt und im Besonderen über die Höhle wird erzählt, dass dort ein Schatz verborgen sei. Diese Geschichte taucht immer wieder in verschiedenen Varianten an alten Kultplätzen auf. Hier klingt noch das Echo unserer Vorfahrinnen, die diesen schönen Platz besucht haben und den Göttinnen des Donautals huldigten.
Eremitage
Vom Bergführer der Dietfurter Höhle bekomme ich den Tipp, mir die Eremitage anzuschauen. Richtig neugierig werde ich, als ich höre, dass zudem die seltsame Bezeichnung Stalingradkapelle verwendet wird. Diese beiden Bezeichnungen passen für mich überhaupt nicht zusammen. Auf dem Weg vom Parkplatz zu dem kleinen Berg komme ich an einem Schild mit der Aufschrift „Gedächtnisstätte Meinradskapelle“ vorbei: ein weiterer Name. Der Platz hat offensichtlich eine lebhafte Vergangenheit mit vielen Umbenennungen. Bei Ausgrabungen wurden Opfergaben aus verschiedenen Zeitaltern gefunden, darunter acht bronzene Zungensicheln, eine von der Nordsee stammende Wellhornschnecke und ein Eberzahn.
Am höchsten Punkt der Eremitage, auf dem Plateau, thront eine Kapelle aus dunkelbraunem Holz. Sie verleiht dem Ort etwas Düsteres. Ein Schild informiert darüber, dass die Kapelle zuerst ein Teehaus war und erst später zu einer Einsiedlerkapelle umgebaut und dem Heiligen Meinrad geweiht wurde.Als ich gerade gehen will, fällt mir ein kleiner Pfad auf. Ein Stück den Hang hinunter entdecke ich ein Felsentor, welches vom Plateau aus nicht zu erkennen war. Mit dem Kompass kann ich schnell feststellen, dass es relativ exakt in Ost-West-Richtung ausgerichtet ist.
Solche Tore, Durchgänge und Schlupfsteine kenne ich aus Cornwall. Menschen, die ein solches Tor in Ost-West-Richtung durchschreiten, ist das Glück hold. Personen, die sich in West-Ost-Richtung hindurchbegeben, können Dinge abstreifen und Altes hinter sich lassen. Dies kann allerdings mit großem Abschiedschmerz verbunden sein. In Cornwall soll eine Frau bei einer mythologischen Reise drei Tage lang geweint haben, nachdem sie einen Schlupfstein, anders als der Rest der Gruppe, in West-Ost-Richtung passiert hatte.
Der Hang unter dem Felsentor der Eremitage ist mit vielen Brennnesseln und anderen hoch wuchernden Pflanzen zugewachsen und außerdem recht steil. Sehr wahrscheinlich ist hier schon länger keine Frau mehr durch das Tor geschlüpft. Ich überlege kurz, aber der Abhang hinter dem Felsentor ist auch mir zu abschüssig.
Lieber schaue ich mir das Felsentor von unten an. Ich komme
an einer kleinen Höhlung vorbei, die mich an den Visionssitz an
den Externsteinen erinnert. Es wird erzählt, dass in solchen Kuhlen nachts die
Trolle säßen. Das könnte ich mir in diesem Felsen gut vorstellen. Die Ausbuchtung im Inneren verläuft zipfelmützenförmig nach oben und hat an ihrem Ende eine Spitze.
Das ein paar Meter entfernte Felsentor wirkt von unten betrachtet wenig spektakulär. Wenn ich nichts davon gewusst hätte, wäre es mir gar nicht weiter aufgefallen. Hier scheint mir ein Aufstieg schon eher möglich. In diesem Fall würde ich allerdings das Tor in West-Ost-Richtung durchschreiten. Da ich nicht weiß, wie viele Lebensthemen sich in diesem Fall bei mir „lösen“ würden, lasse ich das Klettern lieber bleiben.
Als ich um die nächste Ecke biege, staune ich nicht
schlecht. Der weiße, hoch aufragende Felsen, den ich schon von oben gesehen
habe, liegt direkt an der Donau. Nun kann ich auch die Beschriftung lesen:
Amalienfelsen. Als ich darauf zulaufe, eröffnet sich rechterhand plötzlich ein
kleiner See. Angesichts dieser Schönheit bleibt mir glatt der Mund offen
stehen. Genau genommen handelt es sich nicht um einen See, sondern um eine
Donauschlaufe. Dort sammelt sich das Wasser vor dem Weiterfließen und bildet das
von mir spontan so getaufte „Badebecken der Göttin“.
Ich bin versucht, direkt ins Wasser zu springen und
gemeinsam mit der Donaugöttin Dana eine Runde zu baden. Vielleicht wäre sogar auch
Amalie mit von der Partie. Gerade noch rechtzeitig bemerke ich, dass am Ufer gegenüber
einer der Hauptwanderwege vorbeiführt und immer wieder Leute dort entlanglaufen. In einem unbeobachteten Moment schaffe ich es, unbemerkt ins überraschend kalte Wasser zu schlüpfen. Bevor die nächsten Wanderer kommen, bin ich schon wieder angezogen und fräue mich über mein erfrischendes Göttinnen-Bad.
Sigmaringer Schloss
Das Hohenzollernschloss in Sigmaringen ist das größte Schloss im Donautal. Es wurde strategisch günstig auf einem steil abfallenden Felsen ganz in der Nähe der Donau errichtet. Schon bei der Einfahrt nach Sigmaringen ist es von Weitem zu sehen.
Nach der Schlossbesichtigung empfiehlt sich ein Abstecher, auf den gegenüberliegenden Berg. Er korrespondiert mit dem Schlossberg. Auf ihm wurde die sogenannte Josephskapelle errichtet. Sowohl von der Kapelle aus, als auch vom dazugehörigen Berggrat hat frau eine tolle Aussicht auf Sigmaringen.
Heuneburg
Auf dem Weg zur Heuneburg halten wir unterhalb der Anlage an einem Aussichtshügel. Von diesem aus ist die Heuneburg oben auf dem Berg gut zu sehen. Auch der Blick nach links und rechts ins flach vor uns liegende Donautal ist malerisch.
Auf einem Bergsporn mit einem zur Donau steil abfallenden Ufer liegt die Heuneburg, in der Nähe von
Herbertingen, im Ortsteil Hundersingen. Die vor- und frühgeschichtliche
Höhensiedlung wurde am Fundort orginalgetreu wieder aufgebaut.
Die rekonstruierten Gebäude liegen auf einem fast drei Hektar großen Plateau des Bergsporn. Bei schönem Wetter reicht die Sicht bis zum Bussen und zu den Alpen.
Wir schauen uns die im Außengelände aufgebauten Häuser und die dazugehörige Ausstellung in einer größeren Halle an. Die Ausstellung ist für uns nur bedingt interessant, da eine nachgewiesene Besiedelung dieses Plateaus erst um die Bronzezeit herum ausgemacht wurde. In dieser Epoche hatte sich das Patriarchat schon weitestgehend durchgesetzt. Bezüglich unserer Forschungen zum Matriarchat und zur Jungsteinzeit kommen wir hier nicht weiter.
2010 entdeckten Forscherinnen ganz in der Nähe ein Kammerschachtgrab mit reichen Schmuckbeigaben. Es wurde geborgen und im Block zur weiteren Untersuchung abtransportiert. Forschungen haben ergeben, dass dort eine Fürstin des Heuneburg-Adels begraben war. Die Ausstellung über diese Keltenfürstin ist in mobilen Containern untergebracht und wird an verschiedenen Orten in Baden-Württemberg ausgestellt.
Hohmichele
3,5 Kilometer westlich der Heuneburg liegt der
Hohmichele, ein keltisches Fürstengrab aus der späten Hallstattzeit. Er ist Teil eines Grabhügelfeldes mit mehreren Gruppen von Hügelgräbern. Insgesamt befinden sich an die 40 Gräber in der näheren und weiteren Umgebung im Wald. 14 davon sind noch deutlich als solche zu erkennen.
Mit 13,5 Metern Höhe ist der Grabhügel einer der größten Mitteleuropas. Schon als wir den Waldweg entlang kommen, fällt uns der überraschend große Hügel inmitten einer Lichtung und von Wald gesäumt auf.
Stufen auf der Vorderseite führen nach oben in einen Kreis aus mehreren Linden. In der Mitte des Kreises steht ein menhirförmiger Stein zum Gedenken an die im Krieg gefallenen Soldaten. Wir setzen uns auf eine der Bänke zwischen den Lindenbäumen lassen die Atmosphäre auf uns wirken. Optisch gefällt es uns sehr gut an diesem lauschig zwischen den Bäumen versteckten Platz. Die Umwidmung des energetisch starken Lindenkreises zum Gedenkplatz für die im Krieg gefallenen schwächt den Ort allerdings energetisch sehr.
Im Inneren des Grabhügels hat sich eine Holzkammer befunden, in der eine Frau und ein Mann beigesetzt waren. Dieses Hauptgrab wurde schon kurz nach der Beisetzung fast vollständig ausgeplündert, so dass bei Ausgrabungen nur die Reste eines Pferdegeschirrs und 600 Perlen einer Kette gefunden wurden.
Später wurden in verschiedenen Zeitaltern weitere Bestattungen am Hohmichele durchgeführt. Einige davon konnten unberaubt ausgegraben werden. In diesen Grabkammern wurden unter anderem Reste eines Wagens, Trinkgeschirr aus Bronze, ein Köcher mit Pfeilspitzen, sowie Schmuck aus Glas- und Bernsteinperlen gefunden.
Riedlingen
Im malerischen Stadtbild von Riedlingen schmiegen sich die Fachwerkhäuser eng aneinander. Durch die Mühlvorstadt fließen die Donau sowie ein Hochwasserkanal.
Im Rahmen einer Renaturierungsmaßnahme wurde das Donaubett südlich von Riedlingen verbreitert.Es wurden mehr als 55.000 Kubikmeter Donaukies bewegt, um damit einen Seitenarm und eine Flutmulde anzulegen.
Das Naturschutzgebiet „Flusslandschaft Donauwiesen" bietet nun zahlreichen Tier- und Pflanzenarten in den renaturierten Flussauen wieder Lebensräume. Endlich findet der Flussregenpfeifer wieder ausreichende Brutmöglichkeiten auf den Kiesbänken. Auch Störche kehren vermehrt in die Gegend zurück. Und für Vögel bieten Amphibien und Insekten in der intakten Auenlandschaft ebenfalls eine reichhaltige Nahrungsgrundlage. Durch die Renaturierung wurde hier ein kleines Paradies geschaffen.
Fast könnte frau beim Herumstreifen in den Donau-Auen vergessen, dass es sich nicht um ein natürlich gewachsenes Gebiet handelt, sondern um eine Maßnahme des Hochwasserschutzes.
Daniela Parr