Region 10
Neckarland, Schwäbische Alb, Schwarzwald

Das Hexenbrünnele

Wasserstelle im Dornröschenschlaf
von Regina Golke

www.reginagolke.de



Seit Jahren führe ich bei meinem sagenhaften Wanderseminar „Sybille von der Teck“ zum Hexenbrünnele. Der schmale Pfad dorthin ist nicht mehr gekennzeichnet und im Sommer mit hohen Brennnesseln bewachsen. Wahrscheinlich wird der Weg nur noch von Eingeweihten begangen. Die Wasserstelle liegt im Dornröschenschlaf.

                  

Offiziell wird diese Quelle Herzogbrünnele genannt, vermutlich aus der Zeit, in der Herzöge die Burg Teck ihr Eigen nannten. Eine ältere Frau kam nach meinem Vortrag über die Sybille, organisiert von den Landfrauen, auf mich zu und bot an, mir das Hexenbrünnele zu zeigen. Gemeinsam mit ihren Enkelkindern und meinem Sohn erkundeten wir die Stelle. Sie berichtete aus der Zeit, als das Gasthaus im Burghof der Ruine Teck noch keine eigene Wasserversorgung hatte und sie mit einem Leiterwagen voller Kannen dort am Hexenbrünnele das Wasser schöpfte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass diese Quelle damals Hexenbrünnele genannt wurde. Zum einen läuft unterhalb der Quelle der Hexenweg entlang, was ich einer topografischen Karte entnommen hatte. Zum anderen wird in der Sage der Sybille von der Teck beschrieben, dass an Adventsnächten vor dem Sybillenloch, dem Wohnort der Sybille, Hexen tanzen würden. Vielleicht führte auch Verena Beutlin zu diesem Namen, die nach einer Überlieferung in einer Nachbarhöhle hauste und als Hexe verbrannt worden sein soll. Ein „verhexter“ Ort also? Ein Fleckchen Erde zwischen den Welten?


Who are the witches

Who are the witches,

where do they come from?

May be yourgreat grand- grandmother was one.

Witches are wild wise women, they say.

Theres a lot of witch in every woman today! Hey!


Auf jeden Fall ein Ort mit wechselhafter Geschichte, denn wo sich kostbares Wasser befindet, gibt es auch Leben. Auf der Teck gibt es Einzelfunde aus der Steinzeit, in der Hallstattzeit war speziell die Ebene des Brünneles besiedelt. Diegroßartige Aussicht zur Limburg, zum Breitenstein und den Kaiserbergen ermöglichte (Sicht-)Kontakte über große Entfernungen hinweg. Später wurde das Plateau zur Pferdezucht genutzt. Es ist eine Besonderheit, dass es hier oben auf 775 m Höhe Wasser gibt. Normalerweise versickert das Regenwasser schnell in den Klüften und Spalten des Kalkgesteins der Schwäbischen Alb und ist dadurch von der Oberfläche verschwunden. An dieser Stelle gibt es offensichtlich wasserundurchlässige Schichten, so dass das Wasser den Menschen und Tieren zur Verfügung stand. Wasser aus den Tiefen der Erde. Das Nass tritt in einer Höhle ans Tageslicht. Ein Übergang? Eine Wiedergeburt? Eine heilige Stätte?


Wasser und Erde

Wasser und Erde

Lass los und werde,

spür das Fließen und den Halt,

lausch der Quelle und dem Wald.

(Arunga Heiden)


Arunga Heiden, die vor fast zwei Jahren mit mir gemeinsam das Wander- und Singseminar auf dem Teckberg durchführte, gab den Anlass zu einer Säuberungsaktion der Wasserstelle. Der Treppenzugang und der gefasste mit einer schmiedeeisernen Sonne geschützte Quelltopf war schon von einer viele zentimeterdicken Erd- und Laubschicht verdeckt. Pflege dieses bedeutenden Bereichs war angesagt. Zuerst mussten Zuständigkeiten geklärt werden. Es sollte noch 1 1/2 Jahre dauern bis Gabriele Kapp und ich mit einem Trupp des Albvereins Owen mit Schaufel, Rechen und Korb loszog, um Hand anzulegen. Mit vereinten Kräften wurde gerecht, gegraben, gekratzt und geschaufelt, weggetragen und den Hang hinunter geschüttet. Helle, fast leuchtende verlegte Natursteine kamen zum Vorschein und erhellten den schattigen Platz. Einer der älteren Helfer hatte 26 Jahre lang jährlich gemeinsam mit seiner Frau die Quelle in Stand gehalten, dann hatte er diese freiwillige Arbeit zusammen mit seinen Vorsitz abgegeben. Seither hat sich niemand mehr darum gekümmert, denn eigentlich liegt die Quelle auf Bissinger Gemarkung. Kein Wunder, dass sie zunehmend ungepflegt und düster wirkte.         

         

                 

                  Foto: Dagmar Brumm

Leider sind wir nicht fertig geworden, denn wir hatten kein entsprechendes Werkzeug dabei um das eiserne Sonnentor vor dem Quelltopf zu öffnen und drinnen das Laub und die Steine zu entfernen. Trotzdem ist es den Albvereinlern gelungen, den halb skelettierten Fuchs daraus zu befreien, der sich wahrscheinlich zum Sterben durch das Gitter in die Höhle gezwängt hatte.

Mein Projekt ist noch nicht abgeschlossen. Gabrielle Kapp und ich werden noch einmal dorthin aufbrechen, um der Quelle ihre ursprüngliche Würde und Schönheit zurück zugeben. Sie hat die Pflege durch unsere Hände mehr als verdient. Welche von Euch Leserinnen Lust hat, kann gerne mitwirken. Kontakt: reginagolke@web.de

Meine sagenhaften und urgeschichtlichen Wanderseminare findet ihr auf meiner Homepage www.reginagolke.de

Regina Golke