Region 10
Neckarland, Schwäbische Alb, Schwarzwald
Das obere Filstal
Eine landschaftsmythologische Betrachtung
von Evelin Lang
Durch die frühe Industrialisierung des Filstals wurden viele Bodenschichten abgetragen, erst später wurde erkannt, dass eventuelle geschichtliche Funde für immer verloren sind. Das wenige, was entdeckt wurde, läßt auf einen alten Handelsweg schließen. Die jungsteinzeitliche Besiedelung der Region ist durch Fundstellen auf und um die Limburg in Weilheim/Teck und der Ortschaft Unterensingen belegt. Es gibt eine dirkete Verbindung vom oberen Filstal nach Weilheim über Gruibingen. Dieser Weg wurde schon früh genutzt.
Die Strecke von Geislingen bis Gosbach ist gesäumt vom Albtrauf und durch die abfallenden Hügel bilden sich Dreiecke, sogenannte Schoßtäler, doch nur eines fängt unseren Blick im Besonderen ein. Es befindet sich in Deggingen und darin geborgen steht das Kloster mit der Kapelle Ave Maria, einem alten Wallfahrtsort. Es wurde auf einem alten Kultplatz errichtet und der Gang in den Schoß offenbart die ursprüngliche Bedeutung des Platzes: Quellwasser tritt aus der Erde, sammelt sich im Bach. Gemäß dem matriarchalen Naturverständnis entspringt das Lebenswasser aus dem Schoß der großen Ahnfrau oder Mutter Erde. Aus ihr entspringt die Fruchtbarkeit in Form des Lebenswassers.
Beim Eintreten in die Kapelle Ave Maria begegnet uns dann diese alte matriarchale Symbolik im christlichen Gewand. Wir sehen die Madonna im roten Kleid und goldenen Umhang. Sie steht in einer Mandorla aus Rosen, und die ganze Kiche ist übersät mit Rosen. Mandorla wie Rose sind das naturpoetische Bild ihres Schoßes. Der goldene Umhang verweist auf ihren kosmischen Bezug, die Farbe rot zeigt die Verwandtschaft mit dem Vollmond. Im dreistöckigen matriachalen Weltbild entspricht sie der Mittelwelt, der Erde. Der matriarchale Naturtempel, oder Ahninnentempel, besteht aus drei Stockwerken, so dass in der Gegend auch eine Ober- und Unterwelt zu finden sein müsste.
Von der Kreuzkapelle auf dem Leimberg aus sehen wir denn auch den Drachen sich von Drackenstein nach Gosbach in Form des Albtraufs winden. Sein Haupt trägt eine Ruine, Hiltenburg genannt. Die Silbe 'Hil' verrät den Namen der uralten Ahnin, die hier veehrte wurde, es ist der dunkle Aspekt der Frau Holle, es ist Hel.
So existiert eine Sage zur Hiltenburg: Ein lebenslustiges
Burgfräulein geht als Buße mit Krone auf dem Haupt um und hofft auf
Erlösung. In christlichen Zeiten wird Lebensfreude mit Verdammung
bestraft, so auch hier. Die Schlange selbst ist hilfsbereit und freundlich, eben wie die Todesgöttin, die die Verstorbenen liebevoll in ihr Reich aufnimmt.
Und so sehen wir am Altar der Kirche Drackensteins nicht Jesus am Kreuz
oder Maria, sondern Georg den Drachentöter. Er stößt der Schlange seine
Lanze in den Rachen. Hier tötet das Christentum, verkörpert durch
Georg, die alte matriarchale Spiritualität, versinnbildlicht durch die
Schlange. Und da die Natur ihre eigene Sprache spricht, findet sich
unter der Kirche eine Mariengrotte namens 'Drachenloch', der Schoß der
Unterweltsgöttin. Daneben, ein Wasserfall, ist ihr Unterweltsfluß.
Bei Interesse an einem Wanderseminar im oberen Filstal bitte bei mir melden:
Evelin Lang
Referentin für Moderne Matriarchatsforschung –
Akademie HAGIA
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