Region 8
Thüringer Becken, Vogtland, Thüringer Wald


Die Flurnamen Gebörne und Mönchsstuhl
Eine Recherche über volkstümliche und amtliche Flurbezeichnungen

Ingolf Heinze
Garsitz 38e
07426 Königsee/Thüringen

Fotos: Daniela Parr
Luftbild: Ingolf Heinze


Auszug aus dem Artikel: "Die Flurnamen von Garsitz"

8. Gebörne:
Ein allgemein bekannter und amtlicher Flurteil, welcher 1571 mit „6 acker auf dem Gebirne und „3 acker noch daselbst ufm Gebirne" (7) belegt ist. 1601 heißt es„ auf dem Geborne '(10) Geborne kommt aus dem mittelhochdeutschen gebürn was so viel wie tr.heben, intr. sich erheben" heißt (2, Seite 30-31).

Das Gebörne wird auf seiner ca. 540 in NN liegenden Hochfläche als Weide- und Ackerfläche genutzt. Seine markante Erhebung endet an einem zum Teil bewaldeten, felsigen Steilabfall, eines im permischen Zechsteinmeer vor ca. 270 Millionen Jahren entstandenen Kalkriff (Bryozoenriff). Dieser Steilabfall beginnt nördlich an der Gemarkungsgrenze zur Flur 4 vorn Konigsee und verlauft in östliche Richtung oberhalb vom Ort Garsitz bis in das südlich gelegene Herschdorfer Tal und endet mit dem Garsitzer Steinbruch. Aufgrund seiner geologischen Beschaffenheit bildeten sich in dem Riffkorper eine Anzahl von kleineren und größeren Höhlen wobei "das Große Querlichsloch" in der Flur 4 von Garsitz und „die Mönchskirche" in der Flur 4 von Königsee die bekanntesten sind.

Beide weisen prähistorische Siedlungsreste auf, wobei die im „Großen Querlichsloch" bis auf ca. 14.000 Jahre vor unserer Zeit zurückgehen.

In den topografischen Karten, Maßstab 1:25.000 Blatt 5332 Königsee von heute und bereits in dem Urmesstischblatt von Königsee 1855, dem Messtischblatt von 1873 und dem Messtischblatt 1905 mit Nachtrag 1934 (11) werden die steil abfallenden Felsbereiche, beginnend an der Klufthöhle Mönchskirche (früher auch Mönchskapelle genannt) nordwestlich der Gemarkungsgrenze Garsitz Flur 4 zur Gemarkung Königsee Flur 4 auch als Mönchsstuhl bezeichnet.

Diese noch heute allgemein bekannte Ortsbezeichnung ist kenne amtliche Flurbezeichnung und geht wohl auf eine alte Sage zurück. Ein aus dem Kloster Paulinzella stammender Mönch soll hier als Einsiedler gelebt haben. Die Namensbezeichnung des nur 10 Meter südlich von der ca. 12 Meter tiefen Klufthöhle Mönchskirche gelegenen Mönchsstuhls soll aus dieser Zeit stammen. Mittels Handarbeit wurde dafür eine vorhandene natürliche Höhlung, an der Basis einer überhängenden Felswand, zu einem bequemen Naturstuhl erweitert, welcher Namen gebend wurde. Es ist durchaus möglich, dass mit Bestehen des Klosters in Paulinzella Mönche an diesem Ort bereits bergbauliche Tätigkeiten ausführten. Aus den Schüleraufsätzen des 19. Jahrhunderts vorn Gymnasium Rudolstadt unter Leitung des Lehrers Professor L F Hesse (12) wird für 1825 noch die Lehne des Mönchsstuhls mit dem Relief— Brustbild eines Mönches beschrieben.

Eine teilweise wechselnde Namensbezeichnung in den Messtischblättern, welche mehr den nördlichen Teil der Flur vom Gebörne betreffen, sind Eier Berg und Querling Berg, was auf die Sagen von den Querlichen (kleinen Zwergen) zwischen Garsitz, Pennewitz, Dornfeld und Singen am Singer Berg zurück reichen kann. Berg- und Erdelben (Berggeister) heißen Zwerge, deren Wortstamm sich vom altdeutschen twerc, mundartlich Querg Querx, im Thüringer Wald Querlich ableitet (13). Auch Jacob Grimm befasst sich in seinem Buch Deutsche Mythologie mit der Herkunft der Zwerge und bezeichnet die Behausung dieser als Querlichslöcher (14).

Bereits 1842 werden in der historisch-romantische Beschreibung „Thüringen und der Harz mit ihren Merkwürdigkeiten, Volkssagen und Legenden", Sondershausen 1842, Verlag F A Eupel auf Seite 239 das Gebörn oder der Schöpsberg genannt. Auch Ludwig Bechstein beschreibt in seinen Waldlandsagen in "Der Sagenkreis von Rudolstadt und Umgebung" auf Seite 220 das Querlichsloch bei Garsitz in dem Schöpsberg (15). Heinz Deubler bezieht auch das Querlichsloch, welche Wohnstatt der Querliche war, in seinem Buch Waldlandsagen (16) und in den Rudolstädter Heimatheften 1956 (17) mit in den erzählten Sagenschatz um Garsitz ein. In dem Buch „Thüringer Berge und Ihre Sagen von Michael Köhler wird der Schöpsberg mit dem Querlichsloch auf Seite 162- 164 beschrieben (18).

Das Wort Schöps kommt aus dem mittelhochdeutschen schopz, schöpz und bezeichnet einen verschnittenen oder kastrierten Schafbock und steht heute allgemein für Schaf oder Hammel (Fleisch). Denkbar ist auch eine Ableitung aus dem Urslawischen oder Altslawischen skopiti, was verschneiden oder entmannen bedeutet (19,20).

Das Gebörne mit dem Mönchsstuhl wurde wahrscheinlich im Volksmund auch Schöpsberg genannt. Urkundliche Belege für diesen Namen wurden bisher noch nicht bekannt. Für Garsitz war die Schafzucht über Jahrhunderte ein wichtiger landwirtschaftlicher Erwerbszweig. Die grasbewachsenen Hochflächen und steilen Randlagen boten dafür auch die besten Voraussetzungen.



Ingolf Heinze
Garsitz 38e
07426 Königsee/Thüringen

Fotos: Daniela Parr
Luftbild: Ingolf Heinze


Verwendete Literatur:
7    Thüringer Staatsarchiv Kanzlei Sondershausen, Landesteilung, Band 6, Rudolstadt
10   Thüringer Staatsarchiv Kanzlei Sondershausen, Landesteilung, Band 27, Rudolstadt
11   Herausgeber Freistaat    Landesamt für Vermessung und Geoinformation, Thüringen Urmesstischblatt Königsee von 1855, Messtischblatt 1873, Messtischblatt 1905/ Nachträge 1934, Meßtiscbblatt 5332 von 1994
12   Thüringer Staatsarchiv AXIV (Haus Schwarzburg) 51, Heft 6, Schüleraufsätze
Rudolstadt    Rudolstadt Gymnasium unter Prof.L.F. Hesse
13   Witzschel, August    Kleine Beitäge zur deutschen Mythologie, Sitten- und Heimathskunde in Sagen und Gebräuchen aus Thüringen 1. Teil, Seite 185, Wien 1866
14   Grimm, Jacob, Deutsche Mythologie, marixverlag, Wiesbaden 2007 nach 4. Auflage Berlin 1875— 78,
Seite 353 - 355
15    Bechstein, Ludwig, Der Sagenkreis von Rudolstadt und Umgebung, Sonderdruck aus: Thüringer Sagenbuch, zweiter Band, Coburg 1858, Amstadt 2004, Thüringer Chronik-Verlag H.E.Miillerott
16    Deubler, Heinz, Waldlandsagen, Herausgeber Rudolstädter Heimatheft, Mitzlaff KG, Rudolstadt
17    Deubler, Heinz, Das Gebiet Königsee in der Sage, Rudolstädter Heimathefte, 1956 Heft 1
18    Köhler, Michael, Thüringer Berge und Ihre Sagen, Jenzig-Verlag Gabriele Köhler, Jena 1994, Seite 162-164
19    Uni Leipzig, Wortschatz - Lexikon „Schöps
(http://wortschatz.uni-Ieipzi g.de/cgi-binIwort_www.exe?site= 1 &Wort=Sch%F6ps)
20    Ebner, Jakob, Duden, Wörterbuch des österreichischen Deutsch, 4. Auflage Dudenverlag, Mannheim/Wien/Zürich 2009, Seite 332 „Schöps"