Hessisches Bergland, Rhön, Odenwald
2.1: Holle-Teich
Jacob Grimm beschreibt in seiner „Deutschen Mythologie“
unter dem Eintrag „Göttinnen“ die Göttin Holle als „himmlisches, die Erde
umspannendes Wesen“...“Sie liebt den Aufenthalt in See und Brunnen; zur
Mittagsstunde sieht man sie als schöne weiße Frau in der flut baden und
verschwinden“[1]
Der Holle-Teich, ein am Fuße einer Basalthalde gelegener stiller Weiher, ist das Bad der Göttin, in das sie einsteigt und sich erneuert, vor allem nach ihrer Frühjahrsluftfahrt. Magische Attribute des Wasserelements wie Reinigung und Erneuerung verbinden sich im Holle-Teich mit dem Motiv der Wiedergeburt, denn er ist in der Holle-Mythologie auch Aufenthaltsort der AhnInnenseelen, die eine neue Mutter suchen.
Ebenso wie der Brunnen im Märchen von Goldmarie und Pechmarie ist der Holle-Teich ein Eingang in das unterirdische Reich der Göttin (die schamanische Untere Welt).
Die bislang ältesten Funde, die auf den Holle-Teich als Kultstätte hinweisen, sind Münzen aus der Zeit des römischen Kaisers Domitian (1. Jhd. n.u.Z.).
Auch heute noch treten BesucherInnen oftmals still an das
Ufer, halten Zwiesprache mit der Göttin Holle und versenken eine kleine Gabe
(Stein oder Münze) in diesem von einer Quelle gespeisten Gewässer.
[1] Jacob Grimm, Deutsche
Mythologie, Kap. XIII, Göttinnen, Eintrag „Holda“
Die Kalbe ist ein Aussichtspunkt am Osthang des Meißners
(720 m ü. N.N.), der durch eine wild durcheinanderliegende Halde von
Basaltblöcken gebildet wird, auf der sich windschiefe Bäume mühsam festhalten.
Sie ist durch den bis Mitte des 20.Jahrhunderts andauernden Kohleabbau vom
restlichen Meißnerplateau getrennt und droht abzurutschen in die unterhalb
liegenden steilen Bergwälder. „Kalbe“ bedeutet „kahle Stelle“ (mhd. chalwe,
lat. calvus) und dieser Teil des Berges spielt in der überlieferten
Holle-Mythologie keine besondere Rolle.
Aufgrund ihrer exponierten Lage am Osthang des Berges ist sie dennoch eine Art „Wahrzeichen“ und lädt die Göttin nach ihrer Frühjahrsluftfahrt über ihr Land zum Spiel mit dem Wind ein, einem ihrer Gefährten. Von hier aus segnet sie ihr Land und lässt ihren Atem als belebenden Hauch über Felder und Wälder wehen.
2.3. Altarstein(e)
Der unter diesem Namen bekannte Stein, ein einzeln liegender
Basaltblock unterhalb einer Blockhalde im sog. Bannwald ist schwierig zu
finden.
Wann und durch wen er seinen Namen erhielt, ist ebenfalls nicht
bekannt. Es gibt einige Hinweise und Vermutungen (s.u., mein Beitrag in der
MatriaVal Nr 10, März 2010, S. 67), aber in der überlieferten Holle-Mythologie
wird er nicht erwähnt.
Dennoch ist er ein Platz, der – ähnlich wie sein auf einer gegenüberliegenden Anhöhe zu findendes Pendant, der Feenstein, BesucherInnen und VerehrerInnen der Göttin magisch anzieht .
Beide Orte werden aufgesucht zur stillen Zwiesprache, zum
Feiern eines
Rituals, zum Tönen und Rasseln. Gaben an die Göttin (Blumen,
Zweige, Steine, Knochen) werden hier abgelegt, und dies zeugt von einem immer
noch (oder endlich wieder) lebendigen Kult der Großen Göttin.
Annette Rath-Beckmann