Region 6
Niederrhein, Eifel, Hunsrück, Pfalz und Saarland

Gerolstein
eine Führung von Judith Mies
Daniela Parr


Weitere Details zu den von uns besuchten Orten können in dem Buch: "Magische Eifel - Reisen zu mythischen Orten"
von Judith Mies nachgelesen werden.
www.arduinna.de


Wir treffen Judith Mies in einem Café in Gerolstein. Sie hat sich den ganzen Tag Zeit genommen, um uns mehrere Orte zu zeigen, die sie in ihrem Buch "Magische Eifel" beschreibt. Wir fräuen uns sehr, sie endlich persönlich kennenzulernen.


Buchenlochhöhle

Wir fahren mit dem Auto steil bergauf. Judith Mies möchte uns als erstes die Buchenlochhöhle zeigen. Oben auf dem Berg angekommen folgen wir den Wegweisern. Seitlich des Pfades am Hang liegen viele mit Moos bedeckte Steine, die dem Weg etwas Mystisches verleihen. Kurz darauf stehen wir vor der Buchenlochhöhle.

Wir hören, dass bereits Leute in der Höhle sind, und schauen uns daher erst einmal ein wenig draußen um. Ein Hinweisschild vor der Höhle wird gerade - im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme - von einer Praktikantin ausgetauscht. Ihr Ausbilder erzählt uns, dass es vor einigen Wochen mutwillig beschädigt wurde.

Die Buchenlochhöhle entstand durch einen Riss im Gestein, durch den Regenwasser ins Felsmassiv eindringen konnte. Über einen längeren Zeitraum hinweg wurde die Höhle nach und nach aus dem Gestein herausgewaschen.

Eine Besonderheit der Buchenlochhöhle ist die "Kalksintertapete" an den Wänden. Sie besteht aus mehreren feinen Kalkschichten und ist deutlich zu erkennen. Solche Ablagerungen bilden sich über die Jahrtausende, wenn kalkhaltiges Wasser an den Wänden herunterläuft. Die Höhle hat im Sommer wie im Winter eine Lufttemperatur von 8 Grad.

Beim Fotografieren des Höhleneingangs von innen erkennen wir deutlich, dass es sich hier um eine Vulvaöffnung handelt. Als die anderen Leute weg sind, erkunden wir jeden Winkel der Höhle ganz gründlich. In der hintersten dunklen Ecke finden wir eine schmale Öffnung, die ein ganzes Stück ins Gestein hineinreicht. Es wirkt, als käme hier die Energie von Mutter Erde aus ihrem Schoß. Wir sitzen eine ganze Weile in Stille bei ihr.

Hundert Meter weiter an der Hagelskaule, zeigt uns Judith Mies das sogenannte schwarze Lockergestein. Die kleinen dunklen Steinchen sind ganz leicht. Es handelt sich um Lavagestein mit unzähligen eingeschlossenen Luftblasen. Diese konnten den erstarrenden Schlacken nicht schnell genug entweichen und so entstand dieses poröse Gestein.

Ein paar Meter weiter informiert ein Schild über die Papenkaule. Dieses Vulkanloch mit einem Durchmesser von zirka 200 Metern ist eine Besonderheit in der Eifel. Anstelle eines Vulkankraters hat sich ein Loch gebildet. Die heiße Magma des unterirdischen Vulkans wurde nicht wie üblich nach oben aus der Erde herausgedrückt. Stattdessen hat sie sich in letzter Sekunde einen anderen Weg gesucht und ist seitlich aus dem Berg ausgetreten. Dabei hat sich die sogenannte Hagelskaule gebildet. Diese geologische Besonderheit gibt es in der gesamten Vulkaneifel nur hier.


Juddekirchhof (gallo-römischer Umgangstempel)

Unsere zweite Station ist der sogenannte "Juddekirchhof", wie dieser Platz im Volksmund genannt wird. Diese Bezeichnung führt jedoch in die Irre. Es handelt sich um einen gallo-römischen Umgangstempel. Judith Mies hat zwei Erklärungen dafür, wie es zu diesem Namen kommen konnte. Zum einen wird vermutet, dass der Name vom mundartlichen “Jödd”, “Judd” oder “Godi” hergeleitet wurde. Dies ist eine alte, im Dialekt noch heute gebräuchliche Bezeichnung für die Patentante  – die Gode, die God. Es ist aber auch der alte Name für die Göttin. Mit der Bezeichnung "Judde" oder "Juden" wird also, anders als zumeist angenommen, auf die Muttergöttin Bezug genommen.

Wie in vielen anderen Eifelstädtchen gab es in Gerolstein von alters her bis zur Nazizeit eine kleine jüdische Gemeinde, die ihre eigene Synagoge hatte und eigene Bestattungsbräuche pflegte. Da nach jüdischem Brauch die Toten nach der Bestattung in Ruhe gelassen werden sollen, verfielen deren Gräber mit der Zeit, wurden jedoch nicht eingeebnet. Es könnte also auch daher rühren, dass ein Haufen alter Steine mit unverständlichen Inschriften für die Überreste eines jüdischen Friedhofs gehalten wurde und sich daher die Bezeichnung "Juddekirchhof" eingebürgert hat.

Die Tafel am Eingang informiert uns, dass der Tempel der Göttin Caiva geweiht war. Es gab ein Theater, Priesterinnenwohnungen, Pilgerinnenunterkünfte und einen Devotionalienladen. Das dreidimensionale Bild vermittelt einen guten Überblick darüber wie es hier in früheren Zeiten einmal ausgesehen haben könnte.

Wir betreten das fast quadratische Heiligtum des ehemaligen römischen Tempels und schauen uns die wieder aufgerichteten Grundmauern genau an. Das innere Heiligtum ist mit zwei Außenmauern umbaut. Eine weiße Stelle an der Mauer trägt eine Plakette, die darüber informiert, dass hier normalerweise die Kopie eines Matronensteines stehe. Er sei gerade zur Ausbesserung weggebracht worden. Das Original befinde sich im Archiv des Landesmuseums in Köln.

Der Platz auf diesem weiträumigen Plateau strahlt eine große Ruhe aus. Es macht uns Spaß, zwischen den Mauerresten umherzuschlendern und uns das bunte Treiben im Tempel zur Römerzeit vorzustellen.


Helenenquelle in Gerolstein

Die Helenenquelle in einem kleinen Park in Gerolstein ist eine der beiden öffentlich zugänglichen Trinkwasser-Quellen der Stadt. Das Wasser kann direkt aus dem Messinghahn im Stein getrunken oder auch abgefüllt werden.

Auf einem Schild lesen wir, dass das Wasser mehr als ein Gramm gelöste Mineralien pro Liter beinhalte. Daher dürfe es sich Mineralwasser nennen. Es enthalte unter anderem viel Calcium und Magnesium. Durch den hohen Gehalt an Kohlendioxid habe das Gerolsteiner Mineralwasser einen starken Sprudelanteil. Es stamme aus den Karbonat-Gesteinsschichten in einer Tiefe von 84 bis 98 Metern.

Das bekannte "Gerolsteiner Mineralwasser" wird aus sieben verschiedenen Gerolsteiner Quellen gemischt. Damit wird eine nahezu gleichbleibende Mineralienmischung in der Sprudelflasche gewährleistet.

Nach diesen ganzen Informationen kosten wir interessiert von dem Mineralwasser aus dem Messinghahn am Stein. Da wir beide generell keine großen Mineralwassertrinkerinnen sind, sagt es uns allerdings nicht besonders zu.

Neben dem Park schlängelt sich das Flüsschen Kyll entlang: ein lauschiges Plätzchen, um zu verweilen. Judith weist uns auf den langgestreckten Bergkamm des Bergmassivs Munterley gleich gegenüber hin. Wir entdecken darin die kleine Öffnung der Magdalenhöhle, über die sie auch in ihrem Buch schreibt. In der Höhle wurden bedeutende Funde aus der Altsteinzeit gemacht, darunter einige interessante Schmuckstücke aus Elfenbein.

Judith erzählt, dass es sommers wie winters schwierig ist, zur Höhle zu gelangen. Der Weg dorthin sei mit dichten Büschen zugewachsen. Daher müssen wir uns mit einem Blick von unten begnügen.


Mühlsteinhöhle

Der Fußweg zur Mühlsteinhöhle in Roth bei Gerolstein führt uns auf einem serpentinenartigen Pfad durch einen lauschigen Wald. Die Gegend wirkt recht abgeschieden. Daher sind wir überrascht, als uns aus der Höhle niederländische Touristen entgegenkommen.

Judith führt uns in die dunkle Kammer hinunter. In dieser Höhle wurden in früheren Zeiten direkt im Gestein Mühlsteine angefertigt. Das ersparte den Menschen den Transport eines großen Steinrohlings. Ein weiterer Vorteil war, dass nur die Steine abtransportiert wurden, die auch wirklich gelungen waren. Der Höhleneingang wurde so erweitert, dass eine Kutsche gerade so hindurchpasste. Der zugehauene Stein wurde dann von der Decke abgeschlagen und in der Höhle aufs Fuhrwerk geladen. Misslungene Steine blieben an der Decke hängen. Diese halb ausgearbeiteten Mühlsteine sind heute noch zu sehen. Offenbar haben Kinder einer Schulklasse sie mit bunter Kreide bemalt, so dass sie im Licht der Taschenlampe gut hervortreten.

Weiter hinten liegt eine weitere Höhlenkammer, über die frau noch ein gutes Stück in den Schoß von Mutter Erde hineinkriechen kann. Judith spricht von einer früheren kultischen Nutzung der Höhle. Der Platz sei ideal für Übergangsrituale gewesen. Die Menschen schlüpften dabei gern durch die von der Natur geschaffenen Engstellen, um Altes hinter sich zu lassen und etwas Neues zu beginnen.

Wir schalten für längere Zeit die Taschenlampen aus, um zu erspüren, wie dunkel es in der Höhle wirklich ist. Dabei fühlen wir uns so gut aufgehoben wie in einer Gebärmutter.


Eichholzmaar

Das Eichholzmaar (ein nahezu kreisförmiges Trockenmaar) lag lange Zeit unbeachtet an der Straße zwischen Duppach und Steffeln. Die Sommerschule des Fachbereichs Geowissenschaften der Frankfurter Universität hat vor ein paar Jahren im Talkessel des Maares Bohrungen bis zu einer Tiefe von 20 Metern vorgenommen. Dabei stellte sich heraus, dass das frühere Eichholzmaar einen Durchmesser von 120 und eine Tiefe von 3 Metern hatte. Daraufhin setze sich der Eifelverein sich ein, wieder ein Maar entstehen zu lassen. Dazu wurde der Abfluss des Flüsschens in der Nähe verengt. Innerhalb eines Jahres füllte sich das ursprüngliche Maar wieder mit Wasser.

Uns gefällt dieser Platz schon bei unserer Ankunft sehr gut. Das Maar fügt sich harmonisch in die hügelige Umgebung ein. Der vordere Bereich des Ufers wird von Schilf gesäumt. Hinter einem magischen Baum fällt das Ufer steiler ab und ist mit wilden Hecken bewachsen. Wir lassen uns auf einer Bank nieder und genießen die Aussicht auf das beschauliche Gewässer.
 

Steinbruch am Steffelberg


Der Steffelberg war einmal der schönste und größte aller Vulkanberge in dieser Gegend. Schon von weitem konnte frau ihn aus allen Himmelsrichtungen erblicken. Am Fuße des Berges fließt das kleine Bächlein Oos vorüber. Darin soll es früher sogar Forellen gegeben haben. Es wuchsen hier auch allerlei wilde Heilkräuter und natürlich Heidelbeeren, Himbeeren und Brombeeren. Der ganze Berg war mit kräftigen Buchen bewachsen. Die größten und ältesten wurden von den Einheimischen „Mutterbuchen“ genannt. Auch Höhlen soll es gegeben haben, bekannt aus Erzählungen über die "Sieben Kammern".

Zur Gewinnung von Gestein wurden vor einigen Jahren 60 Meter des ehemaligen Vulkanberges abgetragen. Die Schönheit und Wildheit der Natur und die Höhlen in den Felsen wurden dabei komplett zerstört. Lokal gab es starken Widerstand gegen diese Zerstörung der Landschaft. Nachdem die Bagger nun ruhen, wurde der verbliebene Rest des Steinbruchs zu einem "Vulkangarten" umgestaltet. Angesichts der Vernichtung eines der schönsten Berge der Vulkaneifel klingt dies allerdings wie blanker Hohn.

Mit Judith fahren wir zum höchsten Punkt des Berges. Sie erzählt, dass am früheren Gipfel einmal das sogenannte Markuskreuz gestanden habe. Als Teile des Berges abgetragen wurden, sei es für kurze Zeit an den unteren Rand des Berges versetzt worden. Nun stehe es an der Spitze des verbliebenen Berges am Rande des von den Baggern zurückgelassenen Loches.

Noch heute pilgern die Menschen im Frühjahr zum Markuskreuz und beten für eine gute Ernte. Die Markusprozession hat allerdings nichts mit dem heiligen Markus zu tun. Auf der Informationstafel steht geschrieben, dass es solche Prozessionen schon in der Römerzeit gegeben haben. Die Leute hätten für den Schutz des Getreides vor dem Getreiderost gebetet. Dieser habe ganze Ernten vernichten können. Judiths Kusine, Maria Agnes, berichtet: „In früheren Zeiten führte der Pilgerweg wie eine Wendeltreppe spiralförmig um den Berg herum und endete auf dem Gipfel am Markuskreuz." Auch das Schild bestätigt dies. Wir finden die Angaben: "Berge mit Spindelform, alte Prozessionswege, alte Kultberge".

Unsere Vorfahrinnen sahen in markanten Erhebungen den Wohnsitz der drei Weisen Frauen. Diese Berge wurden oft mit drei kreisförmigen oder elliptischen Ringwällen umschlossen. Beim Pilgern wurde somit das Bergheiligtum dreimal umrundet. Die Beschreibung des Steffelberges als "Erhebung mit einem alten spiralförmigen Weg" deutet auf einen ganz alten Kultplatz der Göttin hin. Schade nur, dass er durch die Baggerarbeiten dermaßen verschandelt wurde.


Kapelle bei Steffeln

Die Kapelle auf dem Berg bei Steffeln verdankt ihre Erbauung 1946 dem Pfarrer Franz Brühl, der in den schlimmen Kriegszeiten des zweiten Weltkriegs die Dorfbewohner dem Schutz der Gottesmutter überantwortete. Die Bewohner hatten damals gelobt, eine Kapelle zu errichten, wenn das Dorf von den Kriegswirren verschont bleibt.

Über dem Altar ist die Schutzmantelmadonna von Maria Laach zu sehen. Die Wände werden von vielen Votivbildern geziert. Von der Kirche St. Michael (!) in Steffeln führt ein Kreuzweg den Berg hinauf und endet am Beginn des Plateaus, auf dem die Kapelle steht. Für uns ein klares Zeichen dafür, dass es hier oben auf dem Berg schon sehr viel früher einen Kultplatz gegeben haben muss, der mit dem Kreuzweg christlich überformt wurde.



Kirche der Heiligen Maria in Auel


Zum Abschluss besuchen wir die ehemalige Wallfahrtskirche in Auel. Judith Mies zeigt uns die versteckten Überreste der matriarchalen Symbole in der Kirche.

Zu Füßen der Maria, die sich über dem Altar befindet, liegt eine Schlange. Sie trägt den Apfel der Erkenntnis in ihrem Maul. Die Schlange gilt als das Begleittier der Göttin. Mit dem Abwerfen ihrer Haut stellt sie das sich ständig erneuernde Leben dar. Die Menschenfrau erhält den Apfel der Erkenntnis von der Begleiterin der Göttin. Im mitteleuropäischen Raum steht der Apfel für eine Frucht aus dem Garten der Anderswelt, der Verjüngung, der Weisheit und des Wissens. Auch im Märchen pflückt die Goldmarie in der Anderswelt die Äpfel, die schon lange reif im Garten der Frau Holle hängen.

Ohne Judiths ausdrücklichen Hinweis hätten wir die Schlange glatt übersehen. Für ein Foto müssen wir einen Blumentopf beiseite rücken mit dem sie unserer Meinung nach absichtlich verdeckt wird.

         

Im Altarraum finden wir außerdem eine Figur der Heiligen Apollonia, deren Kopf von einer Muschelform, einem alten Frauensymbol, umrahmt wird. Außerdem sehen wir die Heilige Katharina mit einem schwarzen Gewand. Sie hält einen Stab und ein rotes Buch in der Hand. Auf einem anderen Seitenaltar steht die Heilige Brigida. Sie wird als Schutzmatrone des Viehs in der Eifel sehr verehrt. Mit der weißen Apollonia, der roten Brigida und der schwarzen Katharina sind hier die drei Aspekte der Göttin in ihrer verchristlichten Form dargestellt.

Auch der Drachentöter, der auf einem der Kirchenfenster abgebildet ist, darf in diesem Ensemble nicht fehlen. Er taucht immer dort als Warnung an die Bevölkerung auf, wo die sogenannten heidnischen Bräuche noch sehr lange gepflegt wurden. Das alte Brauchtum muss folglich in der Eifel sehr lange lebendig gewesen sein.

Daniela Parr


Weitere Details zu den von uns besuchten Orten können in dem Buch: "Magische Eifel - Reisen zu mythischen Orten"
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