Region 6
Niederrhein, Eifel, Hunsrück, Pfalz und Saarland
Der Steinkreis in Königswinter-Oberdollendorf
Der folgende Text von Fritz Rogowski und Rolf Brückel - Einleitung - stammt aus dem Schriftenverzeichnis des Virtuellen Brückenhofmuseums, Königswinter-Oberdollendorf. Den Text und das Foto dürfen wir mit freundlicher Genehmigung des Vereins Virtuelles Brückenhofmuseum e.V. verwenden.
www.virtuelles.brueckenhofmuseum.de
Der Steinkreis von Oberdollendorf liegt auf der "HülIe" oberhalb des Ortes. Seine Lagekoordinaten sind 50° 42' nördliche Breite und 7° 12' östliche Länge. Die Höhe mag 150 m über NN betragen, denn der Rhein hat bei Flußkilometer 648 einen Normalpegelstand von etwa 51 m.
Foto:
Der Steinkreis in Königswinter-Oberdollendorf auf dem Aussichtspunkt Hülle, Siebengebirge
Vom
Rheinufer aus geht man in östlicher Richtung durch Oberdollendorf und
steigt dann durch die Weinberge leicht bergan, bis man über eine kleine
Treppe das Plateau mit dem Steinkreis erreicht. Die zum Teil mit Bäumen
bestandene, ebene Fäche schiebt sich aus dem bewaldeten Gelände ein
wenig zum Rhein hin vor und bietet daher eine schöne Aussicht auf das
Siebengebirge, den Rhein, die Eifel, die Bundeshauptstadt Bonn, Köln
usw. Eine gemütliche Ruhehütte mit selten benutzten Abfallbehältern
sowie Ruhebänke zum Ausruhen und Nachdenken machen den Ort heimisch.
Der Steinkreis selbst besteht aus 18 Steinen mit einem neunzehnten außerhalb des Kreises. Der Kreis ist ein geometrisch nahezu korrekter Kreis mit dem Radius von 11,0 bis 11,2 m. Im Bereich des Mittelpunkts liegen drei weitere Steine; außerdem treten in dem sonst grasüberwachsenen Boden des Inneren flache Steinplatten hervor. Das Material ist Basalt und stammt sicherlich aus den nahegelegenen Basaitbrüchen. Verwitterungsspuren überdecken die Spuren von Bearbeitungen zur Formgebung im allgemeinen; gelegentlich entdeckt man auch Spuren von Zeichen zur Sinngebung oder Richtungsweisung auf entferntere Ziele.
Die Anlage fiel einem von uns (R. Brückel) bei Spaziergängen mit seiner Familie auf. Er erinnerte sich an ähnliche Anlagen in Griechenland, die er dort zum Teil selbst aufgefunden hatte, zum Teil von dem anderen von uns (F.Rogowski) seit längerer Zeit bearbeitet werden. Gemeinsam und zusammen mit Herrn Josef Schuchert aus Oberdollendorf nahmen wir die Nachforschungen über das im Rheinland ziemlich unbekannte Gebilde des Kreises auf.
In den Akten des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege im Rheinischen Landesmuseum Bonn gab es keine Erwähnung, und auch Befragungen älterer Bewohner Oberdollendorfs einschließlich der Kirchenvertreter ergaben nichts. Erst nachdem Herr Josef Schuchert einen Steinplan angefertigt hatte, konnten recht interessante Gesichtspunkte geografischer und astronomischer Art gewonnen werden. Den Schuchert'schen Plan haben wir in der Abbildung 1 abgedruckt. Die Steine sind, im Norden mit „1" beginnend, im Uhrzeigersinn numeriert. Der neunzehnte Stein ist in dem Plan nicht enthalten. Als Mittelpunkt gilt ein fingerdicker Eisenstab. Über ihn und die Mitte eines Steins denkt man sich eine nach außen gezogene Gerade. Die Richtungen dieser Geraden oder Visuren in Winkelgraden, gerechnet von Nord = 00, und darauf gefundene bemerkenswerte Nah- oder Fernziele sind im Folgenden unter der Steinnummer aufgeführt. Die Fehlerquote ist bei diesem Orientierungsverfahren recht hoch, kann aber in einzelnen günstigen Fällen schon jetzt mit ein bis zwei Sonnendurchmessem, also 0,5-1,0 Winkelgrad, angegeben werden.
Stein 1, Nordrichtung, 0°
Das Gelände im Norden des Steinkreises steigt sanft an und ist heute bewaldet. Die Nordlinie, auf topografischen Karten verfolgt, läuft über mehrere etwa gleichhohe Orte hinweg bis zur Sieg und geht durch eine Senke, die westlich von St. Augustin und östlich vom Michaelsberg mit der Abteikirche Siegburg gebildet ist. Hinter der Sieg wird deren Nebenfluß Agger überschritten und bald das an Kulturdenkmälem reiche Gebiet der Wahner Heide erreicht. Hier sind es besonders der 134 m hohe Fliegenberg und der davon etwa 1 km östlich gelegene Ringwafl, die unsere Aufmerksamkeit erregen könnten. Auf jeden Fall aber ist es am Himmel der Polarstern, oder in früheren Zeiten sein Vertreter, mit dem die Nordrichtung oder der Meridian festgelegt ist Am Tage geschieht das mit einem Gnomon, dem senkrecht stehenden Zeiger einer Horizontalsonnenuhr. Das Schattenende beschreibt eine Kurve, deren kürzeste Entfernung vom Fußpunkt des Gnomons den Punkt der Mittagslinie an diesem Beobachtungstag angibt. Die Bedeutung, die die Erbauer unseres Steinkreises dieser Meridianvisur zumaßen, wird dadurch unterstrichen, daß sie im Süden des Kreises durch einen Stein, den Stein 8, läuft.
Stein 2, Richtung NNO, 30°
Die Aussicht ist durch den 193,5m hohen Paffelsberg und den nördlichen Ausläufer der Dollendorfer Hardt, 245 m hoch, versperrt. Zwischen den beiden Bergen gibt es eine Senke. Durch diese läuft die Visur des Steins 2. Sie könnte zur Beobachtung eines Sternenauf- oder -durchgangs angelegt worden sein.
Stein 3, Richtung NO, etwa 52°
Mit diesem Winkel gelangt die Sonne in unsere Betrachtungen. Der am weitesten nach Norden gelegene Aufgangspunkt der Sonne am 21. Juni würde auf dieser 52°-Linie oder wenig daneben auf dem Horizont liegen, wenn nicht die um fast hundert Meter höhere Dotlendorter Hardt dazwischen läge. Direkt zu beobachten ist also der Sonnenaufgang am 21. Juni nicht (und an einer Reihe anderer Tage im Jahr auch nicht). Indirekt ist der Punkt auf dem Horizont aber dadurch zu bestimmen, daß man die 52°-Linie über das Steinkreuzzentrum hinaus nach SW verlängert. Mit geradezu bestürzender Genauigkeit gelangt man über den Stein 11 auf die Stelle, an der die Sonne zur Wintersonnenwende am 22. Dezember untergeht.
Stein 4, Richtung ONO
Wenn für einen Beobachter auf dem Steinkreis am 21. Juni die Sonne über der Dollendorfer Hardt auftaucht, ist sie nicht allein beträchtlich über den Horizont gestiegen, sondern hat auch ein Stück ihres Weges nach Süden zurückgelegt, so daß sie ganz gut erst bei etwa 77° über der durch Stein 4 bezeichneten Visur aufgehen könnte. Auf dieser Visur des Steins 4 hegt in 3,5 km Entfernung vom Steinkreis der Einschnitt, der durch den 233 m hohen Scharfenberg auf der Südseite der Visur und seinem wenig nördlicher gelegenen Kollegen Sonderbusch, 223 m hoch, gebildet wird. Diese Stelle könnte bei weiteren Untersuchungen von Wichtigkeit sein. Überhaupt muß hier darauf hingewiesen werden, daß die Doflendorfer Hardt nach ihrer auf geografischen Karten und auf Luftbildern hervortretenden Struktur und nicht zuletzt aufgrund ihres Aussehens von Orten jenseits des Rheins ein dankbares archäologisches Untersuchungsobjekt abgeben könnte.
Stein 5, Richtung OSO
Die über Stein 5 nach Osten weisende Visur findet bald ihr Ende in den Südhängen der Dollendorfer Hardt. Das weitere Verfolgen auf der Landkarte nach Osten erbrachte zunächst nichts Auffallendes. In größerer Entfernung, etwa 8 k vom Steinkreis, muß allerdings der heute nur als Fragment erhaltene Hühnerberg und seine Umgebung beachtet werden. Visiert man über Stein 5 das Zentrum des Steinkreises und den Stein 14, so gelangt man auf den Venusberg.
Stein 6, Richtung SO
Stein 7, Richtung SSO, 157°
Stein 8, Richtung 180°
Stein 9, Richtung SSW, 180° und 15°
Stein 10, Richtung 180° und 30°
Stein 11, Richtung SSW 180° und 50°
Stein 12, Richtung 180° und 64°
Stein 13, Richtung 180° und 71°
Stein 14, Richtung 270° und 11°
Stein 15, Richtung 270° und 25°
Stein 16, Richtung 270° und 45°
Stein 17, Richtung 270° und 60°
Stein 18, Richtung 270° und 77°
Fritz Rogowski und Rolf Brückel
DEN GESAMTEN TEXT als pdf-Datei mit vielen Einzelheiten (incl.
Schemazeichnung) und ein 360°-RUNDUMBILD (Panorama vom Steinkreis) finden Sie
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Der Steinkreis von Königswinter-Oberdollendorf mit TEXT und RUNDUMBILD (hier klicken)
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