Region 6
Niederrhein, Eifel, Hunsrück, Pfalz und Saarland

Drei Frauengestalten und der Wandel an den Matronentempeln

Ziriah Voigt
 

Als ich vor mehr als 25 Jahren nach Bad Münstereifel zog, fiel mir auf einer Autofahrt das seltene Hinweisschild „Heidentempel“ auf. Das ist was für mich, dachte ich und bog links ab auf den ausgewiesenen Parkplatz. Weitere Hinweisschilder fehlten, aber trotzdem entdeckte ich nach einigem Suchen mitten im Wald eine erstaunlich große Kultstätte mit drei nebeneinander liegenden Tempeln. Das heißt, eigentlich waren nur Grundmauern zu erkennen und ein – leider beschädigter – Weihestein mit drei würdig dasitzenden Frauengestalten.

Ich war allein hier. Der Ort wirkte, als würde er selten besucht. Heide war schließlich für die katholisch geprägten Eifeldörfer ein Schimpfwort. Oder interessierte der sogenannte Heidentempel zu dieser Zeit die Einheimischen einfach nicht? Später erfuhr ich, dass mein erster Eindruck nicht ganz stimmte. So manche Eiflerin aus den umliegenden Dörfern war schon mit Opfergaben zudiesem Tempel gepilgert, um ihren sehnsüchtigen Wunsch nach einem Kind erfüllt zu bekommen. Matronen wurden die drei göttlichen Damen auf den Weihesteinen genannt und schienen offensichtlich nicht nur für die gesunde Heimkehr von Soldaten zuständig zu sein, auch wenn viele Inschriften unter den Göttinnen Legionäre als Stifter nennen.

Drei Tempel, drei Göttinnen, viel Platz in mich anschweigenden Mauern. Was haben die Menschen hier mit diesen Göttinnen erlebt? Ich wandere die niedrigen Mauern ab, stelle mich mal hierhin, mal dorthin, entdecke ein interessantes Sechseck im mittleren Tempel, das merkwürdigerweise nicht in der Mitte des ummauerten Raumes liegt. Wo war hier das wirkliche Zentrum? Sind es die drei Göttinnen, die heute so ins Auge fallen oder ist der spirituelle Mittelpunkt ein ganz anderer, der sich unter den sichtbaren Gebäuderesten verbirgt, aber nach wie vor energetisch arbeitet?

Natürlich wirkte diese erste Begegnung mit dem Pescher Matronentempel in mir weiter. Immer wieder suchte ich diesen alten Kultort auf und rätselte, welche spirituellen Traditionen zu den jetzt zu sehenden steinernen Frauengestalten geführt haben. Sie sind so anders als die weiß-rot-schwarze Dreiheit, die sonst in der matriarchalen Mythologie beschrieben wird – die Mittlere jung und mit gelöstem Haar, die beiden außen Sitzenden so ähnlich, als wollten sie sich der Zuordnung von rot und schwarz entziehen.

Schon bald wurde es lebhafter an diesem und den anderen Eifeler Matronentempeln. Vor allem am nur wenige Kilometer entfernten, hoch auf einem Berg liegenden Nettersheimer Matronentempel waren immer öfter Frauengruppen oder einzelne Wanderinnen anzutreffen. 1988 erschien Gisela Graichens Kultplatzbuch, in dem auch dieser schöne Platz beschrieben wurde. Das bald folgende Hexenbuch von ihr legte die Verbindung nahe, dass die Matronentempel ideale hexische Ritualplätze für Frauen (und auch Männer) seien. Immer öfter fand frau rituelle Spuren an diesen, immer noch als Heidentempel ausgeschilderten Orten. Manche erfreuten mich wie die wundervollen Kräutersträuße, die im August die Weihesteine schmückten, manche – wie die vielen Tee- und Grablichter – machten es nötig, immer eine Abfalltüte für den sich anhäufenden Müll mitzunehmen. Andere Spuren waren problematischer – am schlimmsten die plötzlich auftauchenden Reste von Tieropfern.

Wir taten uns zusammen, denn mittlerweile waren wir in der Eifel ein Netz von vielen spirituellen Frauen. Wie sollten wir mit der zunehmenden Publizität dieser Tempel umgehen? Welche Rituale gehörten dorthin und wer bestimmte die Regeln? Hier gab es keine offiziellen Hüterinnenrechte, auf die wir uns hätten berufen können. Nach einigen Beratungen wurde uns klar, dass wir nur spirituell wirken konnten. Wir machten Schutzrituale und stärkten die Eigenkräfte dieser Orte. Manches beruhigte sich, aber die angenehm einsamen Anfangszeiten kehrten nie zurück. Es wurde schwieriger, an den Tempeln in Stille und Konzentration Rituale zu feiern. Wir mussten lernen, die Matronenplätze mit anderen zu teilen und ihre Kraft der Begegnung zu ehren.

Haben die Matronen nicht auch Begegnung unter uns Frauen bewirkt? Kontakte wuchsen, Fremdheiten wurden beiseitegestellt. Wir sammelten Wissen und Erkenntnis zu diesen Orten, betrachteten, phantasierten, spürten und feierten dann doch ab und zu dort wieder Rituale. Diese Kultorte fühlen sich nicht immer gleich an, sie wandeln sich mit den Jahreszeiten, sie wandeln sich aber auch mit den Besucherinnen und Besuchern. Sie brauchen Kontakt, um von sich selbst und den in ihnen gehüteten spirituellen Kräften zu erzählen.

Rückblickend bin ich dankbar, dass ich zu einer Zeit mit den Matronentempeln in Kontakt kam, als noch wenig über sie zu lesen war. Ich konnte nur mit den spirituellen Methoden vorgehen, die wir damals in den Frauenbildungshäusern entwickelt haben. Dazu gehörte primär das Experimentieren mit dem sogenannten Zellwissen. Damit sind Bilder, Worte und Körpergefühle gemeint, die bei tiefen Meditationen aufsteigen und über die in unseren Zellen enthaltene Ahninnenkette Auskunft zu Kultplätzen und anderen spirituellen Fragen geben können.

Am schönsten waren für mich immer die Momente, wenn dieses intuitive Wissen mit dem sachkundigen Wissen von Sophie Lange zusammenkam. Sie wusste um die besten Quellen in den Grabungsberichten und diversen Aufsätzen – ich wusste um die besten Quellen in mir selbst. Sie las und schrieb und forschte, ich tanzte Schritte, feierte Rituale und suchte die Kraft der Matronen von heute.

Noch immer bergen diese Tempel und die mit den Matronensteinen sichtbaren Göttinnenbildnisse viele Geheimnisse, die von uns Frauen entdeckt werden wollen. Sie fordern uns auf, nicht jede Dreiheit mit weiß-rot-schwarzen Göttinnenaspekten gleichzusetzen. Wir sollen genau hinsehen und hinspüren. Was ist anders an dieser Dreiheit und welche Kraft ruht in dieser besonderen Konstellation?

Der Gang zu den Matronentempeln ist ein spiritueller Begegnungsweg. Er führt Dich nicht nur zu den Göttinnen eines alten Kultplatzes, er führt Dich auch zu den Göttinnen in Dir selbst. Neben allem mittlerweile gesammelten und aufgeschriebenem Wissen über diese Tempel bleibt immer noch viel leerer Raum, so wie auch die heute zu sehenden Mauern bei den drei Cellae in Nettersheim jeweils einen freien Raum umschließen. Dieser Freiraum führt Dich in Resonanz mit Deinem matriarchalen Körperwissen. Dort wohnen die Erkenntnisse und Visionen, die diese Orte immer wieder neu mit spirituellem Leben erfüllen.

Führungen mit mir zu einem der drei zwischen Bad Münstereifel und Nettersheim gelegenen Matronentempel können vereinbart werden. Ich stelle die wichtigsten historischen Hintergründe zu diesen Orten vor und erläutere die baulichen Besonderheiten, die zu sehen sind. Zugleich rege ich an, in eine eigene spirituelle Erfahrung mit dem aufgesuchten Platz zu gehen und sich für die dort wohnenden Energien zu öffnen. Deshalb kann eine Führung auch – je nach Wunsch, Interesse und Jahreszeit – mit geleiteten Meditationen und einfachen rituellen Kreistänzen verbunden werden. Termine, genaues Arrangement und Honorarbedingungen können über meine Homepage (www.ziriah.de) mit mir abgesprochen werden.