Region 4
Wendland und Altmark, Spree und Oder, Havelland und Berliner Seenplatte
Berlin
Eine mythologische Reise in die Jungsteinzeit
Daniela Parr
Trotzdem gibt es in Berlin eine ganze Menge mythologischer Plätze aus der Jungsteinzeit zu entdecken, die auch heute noch von der Bevölkerung besucht und als Ritualplätze genutzt werden.
Blanke Helle
Im Süden von Berlin ist hier an erster Stelle das Toteisloch
am Alboinpark zu nennen. Toteislöcher entstehen, wenn ein Stück eines
Gletschers abbricht und dann bis zu hundert Meter hoch aufgetürmt irgendwo in
der Landschaft liegen bleibt. Am Fuße des Gletscherstücks bildet sich, wenn das
Eis schmilzt, ein See. Durch den enormen Druck des Eises auf den Boden,
entsteht ein trichterförmiges wassergefülltes Loch: ein so genanntes
Toteisloch. Diese Löcher haben sich meist bis zum Grundwasser
nach unten gebohrt, weswegen sie auch nach dem Ende der Eiszeit noch mit Wasser gefüllt waren.
Am Toteisloch im Alboinpark wurden mehrfach mit verschiedenen Geräten Messungen der Wassertiefe vorgenommen, wobei es aber nie zu einem wirklich aussagekräftigen Ergebnis über die Tiefe des Sees kam.
In früheren Zeiten galten die Toteislöcher als Himmelsspiegel, da sich der Himmel in diesen ruhigen Gewässern sehr gut spiegelt. Teilweise wurden diese Seen in der Bronzezeit als Seeopferplätze genutzt. Die Menschen versenkten Schälchen mit Speisegaben für die Göttin im Wasser. Beim Ausbaggern von Toteislöchern kamen gleich duzende dieser gleichartigen Schälchen zum Vorschein.
Der Name Blanke Helle leitet sich von der Göttin Hel ab. Hel’s Pfuhl bedeutet somit: See der Hel. Blank wird in diesem Zusammenhang in der Bedeutung von glatt verwendet.
Der gemauerte Stier, der sich im vorderen Teil des Parks befindet,
stammt noch aus der Zeit des Nationalsozialismus. In seiner Umgebung wachsen überwiegend Erlen, Birken und Eichen. Wenn frau von seiner Entstehungsgeschichte absieht, passt der Stier als Begleit-Tier der Göttin gut in diesen Park mit dem Toteislochsee.
Schalenstein Glienicke
Ebenfalls im Süden von Berlin befindet sich der Schalenstein
von Glienicke. Der bronzezeitliche Stein wurde im Glienicker Volkspark gefunden und vor Ort um einige Meter versetzt wieder aufgestellt wurde. Die Stelle, an der der Stein
heute steht, trägt schon seit langer Zeit den bezeichnenden Namen Teufelsschlucht.
Die von einem Landschaftsarchitekten angelegte Schlucht erzählt
den großen Kreislauf des Lebensweges. Das Wasser, das hier durch eine kleine Schlucht fließt, entspringt im Osten des Parks. Ein Stückchen weiter fließt es unter einer Brücke hindurch, was als ein Übergang, oder eine Art Initiation, gedeutet werden kann: In diesem Fall der Übergang von der Kindheit zum
Erwachsenenalter. Dahinter folgt ein Wasserfall, der in ein
Auffangbecken mündet. Dieser soll ein Symbol für die Wirrungen und Wirbel des
Lebens darstellen. Am Ende mündet das Wasser in ruhigere Bahnen, als Sinnbild für den Lebensabend.
Danach fließt das Wasser in den Wannsee und von dort in die Havel. Ein Sinnbild für die Schwelle des Todes und den Übergang ins Jenseits: Das kleine
Leben geht über in das große Ganze.
Ostaraquelle Lübars
Das Dorf Lübars im Berliner Norden war ursprünglich
slawisch besiedelt. Seinen Namen hat es von der Göttin Liubar erhalten, der
Liebesgöttin der Slawen.
Auf einem Schild in der Nähe der Ostaraquelle steht geschrieben, dass der Ackerboden in dieser Gegend mit einer Ackerzahl von 25 eingestuft wurde. Es handelt sich dabei um einen sandigen Lehmboden, der nur 25 Prozent des Ertrages eines optimalen Bodens erbringt. Da die Böden um Lübars herum schon immer sehr mager waren, war die Gegend für eine Besiedelung nie wirklich attraktiv. In der Gegend, die sich Tegeler Flies nennt, war es damals wie heute schwierig, sich von der Landwirtschaft zu ernähren. Das Gelände steht im Frühjahr und im Herbst unter Wasser.
Um so wichtiger war für die Menschen, die sich nichtsdestotrot in dieser Gegend angesiedelt haben, die Bedeutung des Wassers als lebensspendendem Element.
Die Siedlerinnen fanden in der Nähe des Dorfes Wasser, das aus dem Hügel herausdrückt und
schon seit Urzeiten eine Quelle bildet. Heute trägt sie den Namen Osterquelle.
In alten Karten kann noch der ursprüngliche Name Ostaraquelle gefunden werden.
An diesem Platz wurde die Göttin Ostara verehrt. Wie bei allen Quellheiligtümern geschieht dies in ihrer jungen Gestalt, der die Farbe weiß zugeordnet ist. Passend dazu blühen um die Quelle herum überwiegend Bäume und Pflanzen mit weißen Blüten: Holunder, Kastanie und wilde Möhre.
Wir nehmen alle einen Schluck vom Osterwasser, das bis heute unverändert aus der Quelle austritt. Es schmeckt sehr erfrischend und tut uns allen gut.
Megalithgrab
Im Berliner Ortsteil Waidmannslust befindet sich hinter einem Wohngebiet in einem Wäldchen ein Megalithgrab. Auch dieser Ort wird oft von lokalen Gruppen für Rituale und Jahreszeitenfeste aufgesucht.
Dicke Marie
Im Berliner Ortsteil Tegel finden wir die Dicke Marie. Die Baumahnin steht ganz in der Nähe des Tegeler Sees im Tegeler Forst. Sie ist der älteste Baum Berlins und hat mit ihren über 900 Jahren schon vieles gesehen und einiges überstanden. Früher soll sie von dicken Eisenfesseln zusammengehalten worden sein. Diese wurden zum Glück zwischenzeitlich wieder entfernt, so dass die Baum-Frau in ihrer vollen Stärke angeschaut und bewundert werden kann.
Im neuen Museum in Berlin finden wir bei unserem Besuch viele interessante
Exponate aus der Vor- und Frühgeschichte, darunter auch einige interessante Göttinnen-Figuren.
In einem der Räume staunen wir nicht schlecht über eine Klotzbeute. Sie wurde in einem Brunnen gefunden und setzt sich aus vielen Schälchen zusammen, die als Speisegaben in den Brunnenschacht versenkt wurden.
Pergamon-Museum
Das Pergamon-Museum beinhaltet sämtliche Funde ab der ägyptischen Zeit. Auch hier können mannigfaltige Göttinnen-Figuren besichtigt werden. Desweiteren interessant sind der Pergamon-Altar und das Ischtar-Tor.
Daniela Parr