Region 3
Lüneburger Heide, Weserbergland, Harz


Der südliche Ith und seine Höhlen
Bärenhöhle, Rothesteinhöhle, Nasensteinhöhle, Kinderhöhle
Daniela Parr


Meine Wanderung zu den Höhlen, die sich im südlichen Teil des Ith befinden, beginne ich von einem Parkplatz in der Nähe des Segelflugplatzes an den Ithwiesen. Ein mehr als unscheinbarer Weg führt mich durchs Gebüsch zu einem breiten, nach den letzten Regenfällen sehr schlammigen Weg. Ich zweifle, ob das wirklich der richtige Weg zu den Höhlen sein kann und ob meine mitgebrachten Informationen stimmen.

Bärenhöhle

Nach mehreren Biegungen und einigen hundert Metern komme ich zu der beschriebenen Ansammlung großer Steine, hinter der sich die Bärenhöhle verstecken soll.

Die recht tiefe Höhle ist mit einem stabilen Stahlgitter abgedeckt, damit niemand aus Versehen hineinfallen kann.

Das Gitter der Höhle ist allerdings nicht verschlossen. Neugierig klappe ich es auf und blicke in einen tiefen Schlund. Es fällt mir nicht schwer, mir vorzustellen, dass es dahinter etliche Meter hinunter geht. Ich habe schon gelesen, dass die Bärenhöhle nur mit Kletterausrüstung zu befahren ist. Auch ohne Kletterausrüstung ist es ein spektakulärer Einblick in die Tiefe der Höhle. Von unten weht ein kühles Lüftchen zu mir hoch.

Rothesteinhöhle

Von der Bärenhöhle aus laufe ich weiter zur Rothesteinhöhle. Die Beschilderung ist eher mäßig. Einmal entdecke ich ein laminiertes selbstgemachtes Schild. In weiter Ferne höre ich eine Frau und einen Mann. Sie laufen allerdings viel weiter oben vorbei, so dass ich sie nicht nach der Höhle fragen kann.

Umso überraschter bin ich, als plötzlich ein Motorradfahrer in voller Montur vor mir steht. Er erzählt mir, dass er vor Jahren einmal in der Rothesteinhöhle war. Heute hat er sie nicht gefunden. Er empfiehlt mir eine besonders schöne Felsformation oben am Hang.

Ich laufe in die Richtung, in der ich die Rothesteinhöhle vermute und komme an der beschriebenen Felsformation heraus. Ganz am Ende des Felsen ist in verwitterter gelber Schrift "Rothesteinhöhle" zu lesen. Ein Pfeil daneben deutet auf einen schlitzförmigen Spalt im Felsen: den Eingang zur Rothesteinhöhle. Im Sommer steht die Höhle immer offen. Ein Schild ersucht sogar ausdrücklich darum, die Höhle zu erforschen: natürlich auf eigene Gefahr.

In Gisela Graichens Kultplatzbuch ist nachzulesen, dass Schatzgräber in der Höhle angebrannte Menschenknochen und zahllose zerschlagene Markknochen gefunden haben. Weitere Knochen, die kein Mark enthalten, waren hingegen unberührt, was ein Indiz für Kannibalismus sein könnte. Auch eine Felsspalte soll es in der Höhle geben.

Da das Schild an der Höhle so freundlich zu einer Besichtigung einlädt, wage ich mich trotz dieser Schilderungen mit einer Taschenlampe in die Höhle.

Drinnen geht es ungefähr 20 Meter geradeaus. Schon nach wenigen Metern ist es ohne Taschenlampe stockdunkel. Es folgt ein Absatz nach unten, hinter dem der Gang nach rechts abbiegt. Links davon scheint sich die Felsspalte zu befinden, die 20 Meter in die Tiefe abfällt und vor der im Buch gewarnt wird.

Ich klettere den Absatz hinunter und folge weitere 40 Meter einem Gang, an dessen Ende sich rechts eine
kleine Kammer befindet, die aber nicht weiter in den Berg hineinführt. Geradeaus ist ein Seil angebracht, an dem frau noch zirka 5 Meter nach oben steigen könnte. Da ich alleine unterwegs bin, lasse ich die Kletterei lieber bleiben. Leider kann ich nicht erkennen, ob der Gang oben noch ein Stück weiter geht. Später erfahre ich, dass er hier offiziell zu Ende ist und der letzte Teil mit dem Seil nur eine nette Spielerei darstellt.

Das Innere der Höhle ist sehr aufgeräumt. Es liegen kaum Steine auf dem Boden herum, über die ich stolpern könnte. Die Wände der Höhle sind schön glatt. Es macht Spaß, die Höhle zu erkunden. 

Einen kurzen Moment überlege ich was wäre, wenn meine Taschenlampe plötzlich ausfällt. Es wäre zwar eine Herausforderung, den ganzen Weg tastend im Dunkeln zurückzulegen, aber es wäre auf jeden Fall machbar. Auch der 20 Meter tiefe Spalt kam mir vorhin nicht so breit vor, dass ich hineinfallen könnte.

Als ich die Höhle verlasse, bin ich trotz alledem erleichtert, wieder an der frischen Luft zu sein. Ich streune noch ein wenig in der Felsformation herum. Der löchrige Fels wirkt so, als ob er früher die gesamte Felsformation als Riff unter Wasser gelegen hat. Ich kann mir gut vorstellen, dass hier früher die Fische herumgeschwommen sind und die Löcher nach Futter abgesucht haben.


Nasensteinhöhle


Insgesamt entdecke ich drei Höhlen, die in dem langgestreckten Felsen liegen.

Eine davon ist die Nasensteinhöhle, die ihren Namen von der Felsformation direkt darüber erhalten hat. Über der Höhle ragt ein Felsen mit einer ungewöhnlichen Form nach vorne. Mit viel Phantasie könnte es eine Nase sein.


Kinderhöhle


Die dritte Höhle in der Felsformation trägt den Namen Kinderhöhle. Sie ist nicht ganz so tief wie die beiden anderen. Es ist anzunehmen, dass in früheren Zeiten Frauen zu dieser Höhle kamen, wenn sie schwanger werden wollten, um sich eine Kinderseele abzuholen.



Ithwiesen

Für den Rückweg steige ich zu den Ithwiesen hinauf und bin überrascht, dass ich relativ schnell auf dem Segelflugplatz stehe. Dort komme ich mit einem Ehepaar ins Gespräch. Der Mann plaudert mit mir ein wenig über die Höhlen und erzählt mir, dass der Wanderweg demnächst besser beschildert werden soll.

Daniela Parr