Süderbrarup
Hügelgrab, Moor und Heilige Quelle
Moira
„Wenn eine eine Reise tut, dann kann sie was erzählen“,
lautet ein Sprichwort. Bei mir könnte es auch so heißen: „Wenn eine eine Reise
tut, dann findet sie sicher Kultorte.“ Genau so ist es mir im Sommerurlaub
passiert, den ich in Norddeutschland verbrachte. Wir hatten eine Ferienwohnung
in Süderbrarup auf der Halbinsel Angeln in Schleswig-Holstein und wollten uns
dort an einem der ersten Ferientage umsehen. Was lese ich im Urlaubsprospekt? -
Es gäbe drei besondere Orte: einen Grabhügel Kummerhy mit Steinkreis und
Menhir, ein Moor und eine heilige Quelle. Also nichts wie hin! Steinkreis und
Moor liegen nur eine Straße von einander entfernt in Richtung Norderbrarup und
sind gut ausgeschildert: Der Steinkreis mit einem etwa zwei Meter hohen Menhir
außerhalb des Kreises ist ein Hügelgrab aus der späten Bronzezeit, das bereits
1861 ausgegraben wurde. Der Menhir hat mehr als 24 kleine Schälchen
eingearbeitet, deren Ursprung nicht geklärt ist. Meist sind sie durch
natürliche Erosion entstanden, werden im Volksmund aber Opferschalen genannt,
was eine kultische Verwendung beinhaltet. Innerhalb des Kreises befindet sich
ein kleiner Stein. Es wurde eine Steinkiste mit Leichenbrand (650 - 500 vor
unserer Zeit) und ein unverbrannter Toter aus der Wikingerzeit bestattet. Aus
dieser Zeit stammt - laut Forschung - der äußere Steinkreis und der
aufgeschichtete Hügel. Da Süderbrarup bereits seit der Bronzezeit bewohnt
wurde, passt das alles gut zusammen. Bei der Besichtung des Hügelgrabes habe
ich allerdings keine weibliche Energie gespürt, vielmehr eine Art
Wächterenergie. Ob das mit tatsächlichem Erspüren zu tun hat oder vielmehr mit
dem Wissen, dass dort jemand begraben liegt, kann ich nicht genau sagen.
Den zweiten Kultort, das Thorsberger Moor, habe ich auf jeden Fall von Kummerhy aus gerochen - denn es liegt nur eine Straße entfernt. Diesen modrigen Geruch werde ich wohl so schnell nicht vergessen. Wie der Name schon sagt war das Moor im vierten Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung dem Kriegsgott Thor geweiht. Viele Kultgaben sind dort versenkt worden. Diese Fundstücke, darunter unbrauchbar gemachte Alltagsgegenstände, Textilien, Waffen und Schmuck können im Landesmuseum Schloss Gottdorf in Schleswig besichtigt werden. Das Moor hat mich mehr abgestoßen als angezogen - eine weibliche Energie habe ich nicht gespürt. Allerdings muss das nichts heißen: Es kann durchaus sein, dass es zunächst einer weiblichen Gottheit und erst später durch Patriarchalisierung einem männlichen Kriegsgott zugeordnet wurde: eine Art Vermännlichung eines alten weiblichen Kultortes. Denn anhand von Funden wie Speisebehältnisse aus Holz und Ton kann von einer friedliche Verehrung ab den ersten Jahrhundert vor unserere Zeitrechnung ausgegangen werden, die erst später von Kriegsgaben wie Waffen überlagert wurde. Ob es sich allerdings um die von Tacitus erwähnte Erdgöttin Nerthus handelt, die auch im Gebiet der Angeln verehrt worden sein soll, ist völlig unklar.
Als eindeutig weiblich habe ich die jetzt in einem
Wohngebiet nahe des Schwimmbades liegende Heilige Quelle empfunden, die
mittlerweile aus verschiedenen Gründen versiegt ist. Jedoch ist dem früheren
Quellwasser ein schwacher Radiumgehalt nachgewiesen worden. Wenn heute Wasser
fließt, ist es jedoch nur Regenwasser und nicht mehr das ursprüngliche
radiumhaltige Wasser. Die Quelle selbst wird seit über 2000 Jahren als heilig
verehrt und war wohl - wie Ausgrabungen nachweisen - auch zu einem Teich
angelegt. Im Flurnamen „Boykil“ (Badequelle) ist diese Verehrung noch präsent.
Angeblich soll der alljährlich stattfindende Jahrmarkt Ende Juli/Anfang August auf die Wallfahrten vorchristlicher Pilger zurück gehen. Die heutige Quelleinfassung stammt aus dem Jahr 1927. Jedoch finden sich immer wieder kleine Münzgaben im Becken, was auf eine weitere Verehrung hindeutet. Eine Bekannte von mir, die in Süderbrarup lebt, erzählte mir, dass sie gerne handarbeitend an der Quelle saß, während ihre Kinder im Schwimmbad waren. Auch sie hätte die Energie an diesem Ort als freundlich und weiblich empfunden. Mitglieder des örtlichen Museumsverein machen sich zur Zeit auf die Suche nach der ursprünglichen Quelle.
Moira
Literatur:
Schleswiger Nachrichen vom 26. Mai 2011 (www.shz.de)
Wikipedia: Süderbrarup
www.kraeuterhexejoorjoor.com